Samstag, 9. Juli 2011

Von Soundbites unter Freunden und alten Tanten

                   Der umstrittene Medienmogul Rupert Murdoch 
  
Wir leben im Zeitalter von Myspace, Facebook und Youtube – da dreht sich alles um Videoclips, Hitparaden-Musikschnipsel und Soundbites. 
Was in diesem Zeitalter wirklich zählt, sind das Bild und der Videoclip.
Was heute zählt ist, jene eine Minute, in der ein Prominenter oder Politiker seinen letzten flapsigen Spruch in irgendein Mikro bläst, um dann sicher sein zu dürfen, für ein paar Minuten oder gar Stunden die Lufthoheit im Nachrichtenkarussell für sich erobert zu haben.
Wir leben im Zeitalter des Bildes.
Herr Gray sagt: falsch.
In Wahrheit leben wir im Zeitalter der Begriffe und Worthülsen. Wir leben in einem Zeitalter, in dem die Fähigkeit bestimmte Begriffe mit einem eigenen Inhalt zu erfüllen, mehr denn je zuvor in der Geschichte über Sieg oder Niederlage in Politik und Geschäft entscheidet.
Der (polemische) Nachweis dieser Behauptung?
Entscheiden Sie für sich selbst: wäre Facebook je zu der weltweit vertretenen Medienmarke aufgestiegen, die es heute darstellt, hätte Facebook Gründer Zuckerberg seinerzeit beschlossen jene Leute, die auf unseren Facebook Seiten als „Friends - Freunde“ firmieren, sagen wir mal als „Bekannte“, oder gar einfach „werberelevante Zielgruppe“ zu bezeichnen? 
Wohl kaum.
Nur ein Beispiel dafür wie wichtig die Schlagworte und deren Bedeutung im Internet und Medienzeitalter wirklich sind. Oder – jetzt mal Hand auf’s Herz, liebe Leser – wie viele Ihrer Facebook Friends sind denn auch im wahren und einzigen, weil realem Leben, mit Ihnen befreundet?
In meinem eigenen Fall sind es von den 120 plus X Facebook-Friends, die ich derzeit zu verzeichnen habe, gerade einmal fünf.
Aber man sollte natürlich auch nicht übertreiben, Herr Gray, schließlich ist Facebook eher noch ein harmloses Beispiel für die Umbesetzung von Begriffsinhalten. Und es mag ja schon einsichtig sein, dass Mister Zuckerberg ohne seine geniale Idee, die werberelevante Zielgruppe, statt „werberelevante Zielgruppe“, als Friends zu bezeichnen, wahrscheinlich tatsächlich mit seinem Unternehmen Schiffbruch erlitten hätte. Aber im Grunde ist der Zynismus dahinter ja eigentlich eher amüsant.
Zweifellos.
Aber man kann diesen „zynisch amüsanten“ Marketingschachzug eben nicht nur als vereinzeltes Phänomen betrachten, sondern dahinter einen Trend ausmachen, bei dem es darum geht, unsere Köpfe und Herzen – Ihre und meinen liebe Leser – mit immer abstruseren Begriffslöchern anzufüllen. Bis wir womöglich eines nicht mehr allzu fernen Tages tatsächlich in einer Nation erwachen, die eher den Traumvorstellungen eines Rupert Murdoch oder orwellschen „Big Brother“ entspricht, statt den Werten und Mechanismen einer freien und pluralistischen Gesellschaft.
Zu dieser freien und pluralistischen Gesellschaft gehört eine möglichst objektive und unabhängige Presse.
Diese Presse kann ihre Aufgabe als „vierte Macht im Staate“ jedoch nur dann erfüllen, wenn sie weiterhin für jeden in diesem unserem Lande frei zugänglich bleibt. Auch gar nicht in ihrer vollen Breite wohlgemerkt, denn das zu erwarten, wäre von profitorientierten Unternehmen in einer kapitalistischen Gesellschaft völlig unsinnig.
Nein wovon ich rede, ist eine Grundversorgung mit möglichst objektiven Nachrichten über die wichtigsten Weltereignisse. Eine Grundversorgung, wie sie die guten alten Medientanten der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten ARD und ZDF bislang noch bieten. Und zwar auch und vor allem im - in der schönen, neuen Medienwelt - so wichtigem Internet.
Doch eben diese Grundversorgung ist unter Beschuss geraten, wie man aus dem unten stehenden Video ersehen kann.




Was man daraus auch deutlich zu ersehen vermag ist – von wem diese so unerlässliche Grundversorgung mit objektivem Nachrichten unter Beschuss genommen worden ist und weshalb.
Die öffentlich-rechtlichen Medienanstalten mögen so manche heilige und unheilige Kuh in ihren Reihen pflegen und auch schon ungeniert durchs Dorf getrieben haben. Doch bislang war wenigstens noch keine von ihnen ausschließlich Milka-Lila gefärbt, wie sie das bei den Privaten – Print wie TV – allzu häufig war und ist, sondern höchstens mal schwarz, rot, grün oder gelb angehaucht. Damit lässt sich zur Not leben, das bildet weiter nichts ab, als die politische Färbung der meisten von uns Bürgern in diesem unserem Lande. Die Milka-Lila gefärbte Kuh jedoch, zumal wenn sie für heilig erklärt wird, bildet jedoch nur eines ab: die Geschäftsinteressen derjenigen Unternehmen, die für die Heiligsprechung jener voll verfärbten Kuh bezahlt haben.
Und genau an dieser Stelle trifft sich – jedenfalls für Herrn Gray – begrifflich wieder der Facebook „Freund“  mit dem Schokoriegel.
Was sich außerdem dort trifft, ist die Warnung davor, dass zuviel Macht, ob medial oder finanziell irgendwann stets außer Kontrolle zu geraten droht. Und es in Laufe der Geschichte noch immer wir – Sie und ich lieber Leser – gewesen waren, die am Ende die Suppe auszulöffeln gehabt haben.
Nur scheint mir eben unwahrscheinlich, dass diese Suppe dann wirklich genauso süß und schokoladig cremig schmecken wird, wie es uns die putzigen Lila Kühe auf der grünen Werbemärchenweide suggerieren sollen. 


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