Donnerstag, 27. Oktober 2011

Erfolgsvermeidungsstrategien Teil 2

Im Internet existieren abertausende Webseiten, Foren und Blogs, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, ihrer geneigten Zielgruppe entscheidende Hinweise auf dem Weg zum erfolgreichen Schriftsteller mitzugeben.
Herr Gray jedoch – ganz der verdrehte Träumer und Utopist als der er inzwischen berüchtigt ist – fand, dass zwischen jener unübersehbaren Anzahl von Ratgeberwebseiten und Blogs, eine ganz bestimmte Zielgruppe bislang noch niemals bedient worden ist: 

Jene Menschen, die literarischen Erfolg um jeden Preis VERMEIDEN möchten. Für diese spezielle Zielgruppe ist diese neue Serie innerhalb von Herrn Grays Blog konzipiert worden.


Die Gattung der Kritiker mit Subspezies als parasitäre Lebensform betrachtet

Wir alle, die wir uns dem Wahren, Schönen, Guten verpflichtet haben, wissen ja: Macht weint nicht. Macht kopiert nicht. 

Macht steht stets und ständig für sich allein. Und die Macht – das ist unwiderstehliches, authentisches Talent. 
Doch selbst die größten Talente waren niemals vollständig vor Versuchungen gefeit. Daher will ich Dich, lieber Leser, in diesem Blogpost über ein weiteres furchtbares Hindernis informieren, das sich Dir und Deinem Talent unweigerlich in den Weg stellen wird. 
Du als genialer Leser und erfahrener Autor hast natürlich längst geahnt von welchem Hindernis hier die Rede ist: dem Kritiker. 
Jenen von dunklen Trieben beherrschten Mitmenschen also, die mit ihrer Zeit nichts Besseres anzufangen wissen als wirkliche Talente aufzuspüren, und diese dann mit zusammengebissenen Zähnen in einem Anfall wilder Raserei zu zerstören. 
Und wie in meinem vorangegangenen Blogpost zur erfolgreichen Vermeidung jeglichen Erfolges stellt sich auch hier wieder die Lage nur auf den aller ersten flüchtigen Blick als überschaubar dar. Während sie in Wahrheit natürlich wesentlich komplexer ist. 

Denn das Vorkommen des gemeinen Kritikers in freier Wildbahn spaltet sich bei näherem Hinsehen in mindestens drei verschiedene Unterarten – auch Subspezies genannt - auf, die ich hier kurz bloßstellen werde. 

Grundsätzlich ist jedoch herauszustellen, dass sich jegliche Art des Kritikers als parasitäre Lebensform charakterisieren lässt. Ein Umstand, der allein schon die Dringlichkeit meiner Warnung vor jenen Lebensformen verdeutlichen sollte.

Subspezies 1: Der gemeine Kritiktroll

Diese Unterart des Kritikers ist die wohl die häufigste, und vermag es aufgrund ihrer recht ausgefeilten Tarnungstaktiken innerhalb von recht verschiedenen Habitaten seiner zerstörerischen Leidenschaften zu frönen. 

So findet man Vertreter jener Subspezies vor allem im Publikum von Lesungen, oder als Teilnehmer bei Vorträgen, oder Fachsymposien, seltener auch in Onlineforen oder in der Rolle von Blogpostkommentatoren. 

Gern verbirgt sie sich zumindest im World Wide Web hinter verschiedenen recht einfallslosen Pseudonymen, wie zum Beispiel Gothe15, Kleists-Liebchen, Christa77 oder gar Hemingways-Bar. Beim Umgang mit jener weit verbreiteten Subspezies gilt als Grundregel: Keinesfalls füttern!
Füttern ist in diesem Zusammenhang so zu verstehen, dass man gerade als Ausnahmetalent unter allen Umständen zu vermeiden hat, auf irgendeine der von Vertretern dieser Subspezies vorgebrachten Provokationen einzugehen. 

Im Umgang mit derartigen Wesen ist Ignoranz die aussichtsreichste aller denkbaren Selbsthilfetaktiken, denn fühlt sich jener gemeine Kritiktroll erst einmal auch nur im Entferntesten von Vertretern wahren literarischen Talents ernst genommen, so wird er jede Gelegenheit dazu nutzen, diese weiterhin mit seinen Fragen, Anmerkungen oder verdreht ironischen Kommentaren zu überziehen. 
Keinesfalls darf hier versäumt werden auf den gut ausgeprägten Schnüffel-Instinkt des gemeinen Kritiktrolls zu verweisen, die unter all der schier unüberschaubaren Masse an Texten und Autoren, erstaunlich exakt literarisches Katzengold von wirklichen Perlen und Kleinoden zu unterscheiden vermag. 

Und daher gewöhnlich nach nur einer kurzen Orientierungsphase sehr zielgerichtet auf die wenigen wirklich authentischen Talente zustürmt, um diese vor einer möglichst breiten Öffentlichkeit mit seinen unwillkommenen Aufmerksamkeiten zu überziehen.  
Haupttriebfeder jener Subspezies ist selbstverständlich purer Neid. Selbst absolut unfähig dazu einen auch nur einigermaßen künstlerisch anspruchsvollen Text zu verfassen, können diese - im Grunde ja bedauernswerten - Individuen gar nicht anders als sich im sensiblen Seelenfleisch wahren Talents zu verbeißen, sobald es ihnen wieder einmal gelungen ist, dieses erschnüffelt zu haben. 
Wollte man die Spezifika des gemeinen Kritiktrolls in einem einzigen Vergleich auf den Punkt bringen, so fiele mir da sogleich die gemeine europäische Stechmücke ein. 

Diese mag – besonders, falls sie in Form von Schwärmen auftritt – lästig fallen und ihr Stich auch zu unangenehmen Juckreiz führen. 

Wirklich gefährlich für die von Erfolgen ungestörte Weiterentwicklung authentischer literarischer Talente ist sie mit ihrer generell doch recht kurz bemessenen Aufmerksamkeitsspanne allerdings kaum.

Subspezies 2: Der semiinstitutionelle Textbewerter

Gerne wird jene – schon weitaus seltenere Subspezies des Kritikers – in Fachkreisen auch als Zweite Subspezies bezeichnet. 

Wie jene erste Subspezies handelt es sich natürlich auch in ihrem Falle um eine vornehmlich parasitäre Lebensform. Jedoch hat diese sich im Laufe ihrer langen Evolution wesentlich exakter an eine begrenzte Anzahl von Habitaten anzupassen vermocht. Als ihr bevorzugtes Habitat ist zunächst einmal das Internet zu nennen, in dem sie sich fröhlich und frei zu tummeln pflegt. 
 
Kennzeichnend für die semiinstitutionellen Textbewerter ist ihr im Vergleich zum gemeinen Kritiktroll deutlich besseres Sprachverständnis und der locker-kollegiale Umgangston mit dem sie sich ihren zumeist ahnungslosen Opfern anzunähern versuchen. 

Ausdruck ihrer erhöhten Anpassungsfähigkeit an das bevorzugte Habitat ist die Verwendung von habitatspezifischen Werkzeugen. 
Wo der gemeine Kritiktroll neben seiner rudimentären Webpräsenz schon mal persönlich auftaucht um seine lästigen Bewertungen und Anmerkungen an den genial Talentierten zu bringen, hat die Subspezies der semiinstitutionellen Textbewerter das Medium des Blogs und vor allem die Rolle des Administratoren von fachspezifischen Internetforen für sich erobert. Und: weiß diese Eroberungen auch durchaus selbstbewusst zu handhaben. 
Es ist daher unwahrscheinlich, dass sich Individuen jener Subspezies durch reine Ignoranz allein schon davon abhalten ließen, ihre typisch parasitären Andockversuche an authentische literarische Talente zu unterlassen. 
Höhere Anpassungsfähigkeit des Gegners erfordert auch in diesem Falle einen erhöhten intellektuellen Aufwand des potenziellen Opfers sich der Bedrohung durch den Parasiten zu erwehren. 
Aufgrund seines Eigenbildes als Vorreiter bzw. Führungspersönlichkeit seiner jeweiligen Gruppe von Bloglesern, respektive Forenmitgliedern, ist das Selbstbewusstsein der Vertreter der Spezies der semiinstitutionellen Textbewerter sogar noch  höher ausgeprägt als jenes des gemeinen Kritiktrolls. 

Hinzu kommt, dass der semiinstitutionelle Textbewerter in den meisten Fällen seine Rolle als Blogherrscher bzw. Forenadministrator nur als Mittel zum Zwecke eines späteren Aufstiegs in die noch seltenere Rolle des institutionellen Kritikers begreift. 

Mit anderen Worten: Tief in seinem parasitären Seeleninneren sieht sich der klassische Vertreter der Subspezies des semiinstitutionellen Textbewerters zum Gralshüter von literarischem Anstand und Akkuratesse berufen.  

Konfrontiert mit einem solch umfassenden Selbstbetrug bleibt dem potenziellen Opfer nichts weiter übrig als von Anfang an die ganz grobe Selbstverteidigungskelle zu schwingen. Daher, verehrte authentische literarische Talente, „Helm ab zum Gebet und anschließend frisch, fromm, fröhlich, frei – rücksichtslos zur harten Attacke geblasen“. 

Ganz gleich, ob diese Attacke in Form von groben persönlichen Beleidigungen erfolgt, oder – etwas subtiler – als Rufmordkampagne aufgezogen wird, entscheidend ist, dass sie ohne Zögern und so hart und zielgenau wie nur irgend möglich erfolgt. 

Wobei – eigentlich überflüssig darauf hinzuweisen – jene konzertierten Gegenangriffe selbstverständlich innerhalb des von dem jeweiligen Parasiten bevorzugten Klein-Biotops zu erfolgen haben. Also wäre der Blogherrscher in Form von Blogkommentaren und die Adminstratoren durch geschickt gesetzte Forenbeiträge anzugreifen. 

Gerne darf ein solches Verteidigungsunterfangen auch mehrgleisig gestaltet werden. 

So lässt es sich zum Beispiel mit einer Schmutzmailkampagne oder einer Reihe sarkastisch formulierter Anraunzer kombinieren. 

Hier sind der Phantasie kaum Grenzen gesetzt, obwohl man anmerken darf, dass es sich anbietet solche Parasiten an ihrer empfindlichsten Stelle zu treffen, die zweifellos in ihrer hartnäckigen Selbsttäuschung als Gralshüter des Schönen, Guten und Wahren zu suchen ist.




Subspezies 3: Der institutionelle Kritiker

Nachdem wir nunmehr die beiden häufigsten Subspezies des parasitären Kritikers näher beleuchtet haben, wenden wir uns der weitaus seltensten und zugleich gefährlichsten Subspezies jener Gattung zu: dem institutionellen Kritiker, auch Feuilleton-Redakteur, Lektor oder gar Literaturagent genannt. 
Hier, liebe Brothers and Sisters in Letters, gilt es vor allem die Ruhe zu bewahren, selbst wenn es zunächst für einige unausgeschlafene unter euch verwirrend scheinen mag, die parasitären Lebensformen der Feuilleton-Redakteure, Lektoren und Literaturagenten sozusagen in einen gemeinsamen Topf zu werfen.

Doch steckt selbstverständlich in Wahrheit auch hinter jenem vermeintlichen Chaos Methode. Denn all jene Subsubspezies haben einen entscheidenden Fakt gemeinsam: Sie brachten es nicht nur fertig sich in ganz verschieden strukturierten Habitaten auszubreiten, sondern perfektionierten im Laufe ihrer Evolution auch noch die so genannte zweifache Andockmethode.

Diese doppelte Andockmethode, wie sie von einschlägigen Fachpublikationen bezeichnet wurde, ist dadurch gekennzeichnet, dass jene Subspezies der institutionellen Kritiker sowohl ihre Saugnäpfe und Fangarme in das subtil verletzliche Fleisch der Autoren zu verankern vermögen, als auch zugleich innerhalb bestimmter profitorientierter Institutionen wie den Redaktionen von Tageszeitungen, Magazinen, oder TV Kanälen und den inneren Führungszirkeln von Publikumsverlagen oder literarischen Agenturen. 


Einmal zwischen die Fänge dieser besonders seltenen Spezies geraten, besteht selbst für gewiefte Besitzer wirklich authentischen literarischen Talentes kaum noch Hoffnung auf Befreiung von jenem Zugriff. 

Gnadenlos werden sie dann zu Akkordarbeiten an neuen Texten und einer endlosen Reihe von einlullenden Öffentlichkeitsauftritten gezwungen, die ihnen nach und nach nicht nur ihren letzten Nerv, sondern zuletzt selbst ihr ureigenes literarisches Talent verwässern.

Kennzeichnend für jene gefährlichste aller Kritikerspezies ist, dass sie ein untrügliches Gespür dafür entwickelt haben, wann ein authentisches literarisches Talent vom Druck ungewollten Erfolges derart weichgespült wurde, dass es sich nicht nur nahezu widerstandslos, sondern zuweilen sogar bereitwillig dem Andockversuch dieser Parasiten ergibt.

Als unerhört perfide ist jedoch die Taktik solcher Parasiten zu werten, ihre armen Opfer derart mit schleimigen Lobhudeleien und/oder Geld zu überschütten, bis diese auch noch ihren allerletzten Rest an inneren Widerstand aufgeben und sich mit Haut und Haar, Seele und Herz, dem sinistren Einfluss der institutionellen Kritiker ergeben.

Einige verehrte Kollegen gingen soweit die Subspezies der institutionellen Kritiker mit Vampiren zu vergleichen, die ihre hilflosen Opfer blutleer saugen. Ich halte diesen Vergleich für unglücklich. Vampire sind im schlechtesten Falle Märchengestalten, im besten Falle mythologische Figuren. Die parasitäre Subspezies des institutionellen Kritikers jedoch ist – leider – nur zu real.

Nunmehr hier ganz offiziell auf die vielfachen Gefahren hingewiesen, die von den verschiedenen Spezies und Subspezies des parasitären Kritikers ausgehen, will ich den geneigten Leser schon einmal auf den (vorerst) letzten Beitrag meiner Reihe „Erfolgsvermeidungsstrategien für Autoren“ hinweisen, in welchem sich alles um den Leser drehen wird. 




8 Rules for Writing by Writers - Emily Bold

Ein neuer Betrag zu Herrn Grays Aktion „8 Rules for Writing by Writers“ ist eingetrudelt. Diesmal kommt er von Emily Bold, Autorin von „Gefährliche Intrigen“ und „The Curse – Vanoras Fluch“. Emily zählt zu den erfolgreichsten Indie Autoren in Deutschland und ist eine gute Freundin von Herr Gray. Emily ist nie um eine witzige Bemerkung oder eine sarkastische Email verlegen, falls Herrn Gray von Zeit zu Zeit der Autorenblues packt. Daher ist es ihm eine ganz besondere Freude hier Emilys Beitrag zu den „8 Rules„ vorzustellen.


Mein Name ist Emily Bold, ich bin 31 Jahre und lebe mit meinem Mann und meinen Kindern in Bayern. David hat mich gebeten, ein paar der Regeln, nach denen ich schreibe, mit der Welt zu teilen:

1. Stelle es fertig.

Wie oft passiert es mir, dass sich Gedanken einschleichen, Geschichten in meinem Kopf Form annehmen oder besondere Szenen mich anbrüllen, ich möge sie zu Papier bringen. Ich würde aber niemals auch nur eine Geschichte abschließen können, wenn ich jedem dieser Impulse nachgeben würde! Darum gilt für mich: Beende erst eine Sache, ehe du etwas Neues beginnst.

2. Nie ohne mein Navi.

Wenn ich keinen klaren Weg vor mir habe, schweife ich ab. Da gibt es hier ein schönes Plätzchen, an dem ich verweile, oder ein holpriger Umweg erscheint mir auf einmal sehr reizvoll, und ehe ich mich versehe, habe ich mich verlaufen - bzw. verzettelt. Und so merkwürdig sich das anhören mag, kommt jetzt auch noch Nebel auf und ich finde nicht einmal mehr den Rückweg! Darum erarbeite ich immer zuerst einen ziemlich genauen Plot - mein Navi durch den Dschungel der vielen verschlungenen Wege zum Ende der Geschichte.

3. Und nie ohne meinen Exorzisten.

Ich komme aus Bayern, genauer aus Franken - wir haben einen eigenen Wortschatz und eine eigene Grammatik. Darum führt meine Lektorin (Exorzist) bei jedem neuen Werk, das ich ihr vorlege, eine regelrechte „Teufelswortkreations-Austreibung“ durch.
Aber wenn ich versuche schon beim Schreiben alles richtig zu machen, dann wird Gesagtes unrund oder Sätze abgehackt. Darum dauert meine Überarbeitung beinahe länger als das eigentliche Schreiben.

4. Niemand weiß ALLES.

Ich hoffe, ich höre nie auf, mir die Kritik meiner Leser anzuhören, sie zu beherzigen und zu versuchen aus ihr heraus größer und besser zu werden.

5. Sympathie wecken.

Binde deine Leser durch die Charaktere an dein Buch. Meistens vergisst man dabei die Schurken, Bösewichte und Gegenspieler. Nicht nur der Held muss strahlen und Sympathien wecken, sondern auch der Antagonist. Finde die positive Motivation in seinem negativen Handeln und schon mag ihn auch der Leser. Ich habe noch nie ein Buch zu Ende gelesen, in dem ich die Charaktere nicht mochte oder zumindest verstanden hätte.

6. Streichen.

Für mich gilt: Lerne Unnützes zu streichen. Das ist etwas, was mir sehr schwer fällt. Worte die ich schon geschrieben habe wieder zu streichen. Aber wenn ich beim ersten Überarbeiten an einem Satz hänge, dessen Notwendigkeit ich nicht auf Anhieb erkenne, weiß ich: Der muss weg. Im schlimmsten Fall lenkt so ein Satz ja doch nur von der Geschichte ab oder langweilt den Leser.

7. Glaube an dich.

Wer ein Buch schreiben will, muss an sich glauben. Es ist unsinnig, sich zu überlegen, wie dieser oder jener Autor an eine Sache herangegangen ist. Glaube an dich und versuche es auf deine Art.

8. Nimm dir Zeit.

Ob dies eine Regel für alle Autoren ist, oder nur speziell auf mich zutrifft kann ich nicht sagen, aber da ich 2 kleine Kinder habe, ist es eine meiner wichtigsten Regeln. Ich finde tagsüber nie die Ruhe, wirklich effektiv zu schreiben. Darum mache ich das nachts. Ich habe dann kein Mailprogramm offen und auch mein Telefon ist aus. Das ist meine Schreibzeit!




Emily in einem Interview für RTL2 anläßlich der Frankfurter Buchmesse 2011

Dienstag, 25. Oktober 2011

Skat am Revanchistentisch

Ostpreußen – davon hat man davon gehört, na klar. Das wurde im Schulunterricht erwähnt. Ostpreußen war mal ein Teil von Deutschland, lag an der Ostseeküste und fiel nach dem Krieg an Polen und die Sowjetunion. 

Und was weiss man sonst noch darüber unter den jüngeren Generationen?
Nichts bis gar nichts fürchte ich. 

Für die Mehrheit der jüngeren Generationen in diesem Land ist Ostpreußen wohl in etwa so fern und exotisch wie Nordosthawaii oder Papua Neuguinea.

Für mich sah das jedoch schon immer ein wenig anders aus. 


Gedenkstein an der ehemaligen Grenze zur Provinz Ostpreußen, mit eingearbeitetem Ostpreußischen Wappen. 

Ein Teil meiner Familie stammt aus Ostpreußen, etwa aus dem Gebiet, in dem sich Catherina von Bülows Gut in meinem Buch „Wolfwechsel“ befindet. 

In diesem Blogpost möchte ich wie auf der Seite zu Wolfswechsel hier, erläutern weshalb ein geistig mehr oder weniger gesunder und durchschnittlich gebildeter deutscher Autor ausgerechnet auf die Idee verfiel ein Buch über Ostpreußen zu schreiben.  

Ich besitze einen Brief, geschrieben im Dezember 1944 von einem Mann, der sich bereit machte, mit ein paar Pferden und einem Heuwagen voller Möbel, Papiere und Bilder seiner Heimat den Rücken zu kehren. Er ahnte wohl dass es ein Abschied für immer werden würde.

Doch er war auch ein typischer Ostpreuße. Und diese Leute gaben sich nicht so leicht geschlagen. Das war ein sturer, hart arbeitender Menschenschlag, ziemlich von sich selbst und der eigenen Kraft überzeugt. Es gehörte schon mehr als nur ein Weltkrieg und die gesamte Rote Armee dazu, um diesem Menschenschlag ihre Hoffnungen auszutreiben.

An dem Tag, als er diesen Brief schrieb, wusste dieser Mann nicht an welcher Front seine Söhne und Neffen kämpften. Er wusste ja noch nicht einmal, ob sie überhaupt noch am Leben waren.
Dennoch schreibt er in jenem Brief, er hätte eine gute, feste Metallkiste neben dem Haus vergraben, und in jener Kiste sei genug Werkzeug, um damit das Haus wieder aufzubauen, sollte es zerbombt oder zerschossen werden. Und wer immer von ihnen zuerst in die Heimat zurückkehre, der solle jene Kiste ausgraben und damit beginnen wieder auf zu bauen, was zerstört worden war.   

Der Mann, der jenen Brief schrieb war mein Urgroßvater.

Ich weiss, wo dieses Haus einst gestanden hat. 

Ich habe mir fest vorgenommen eines Tages dahin zu fahren, in den nun russischen Teil Ostpreußens, und zu dem Ort zu gehen, an dem es stand.

Wer immer dort jetzt leben mag, ob Pole, Russe, Ukrainer, Kasache, Litauer oder Lette, ich hoffe er wird mich als Gast und nicht als Gegner empfangen. 

Und ich hoffe, wer immer er oder sie sein mag,  wird ausserdem nichts dagegen einzuwenden haben, wenn wir gemeinsam einer Flasche den Hals brechen, auf unsere gegenseitige Gesundheit anstoßen und dann – ja dann uns womöglich mit Hacke und Schaufel zusammen aufmachen, um an jener Stelle nah beim Haus nach dieser guten,  festen Metallkiste zu graben, und nachzusehen, ob sie die Zeiten und Kriege tatsächlich überdauert haben mag. 

Man mag einwenden: auch andere Leute besitzen merkwürdige Briefe von ihren Vorfahren und kommen dennoch nicht auf die Idee Romane über so exotische Gegenden wie Ostpreußen zu schreiben.
Das ist richtig.

Aber vor diesem Brief kam ja der „Revanchistentisch“.

Der „Revanchistentisch“?


Ja, das war jener Tisch, an dem sich bei Familienfeiern, die älteren Damen und Herrn versammelten und sich in ihrem seltsamen Dialekt darüber austauschten, wer neulich gestorben war, oder krank geworden, oder in ein Altenheim umgezogen.  

Unter uns jüngeren Familienmitgliedern wurde dieser Tisch scherzhaft als  „Revanchistentisch“ bezeichnet und die jährlichen Heimattreffen, zu denen die Grosseltern fuhren, waren nur folgerichtig als „Revanchistentreffen“ bekannt. 

Natürlich hatten die älteren Damen und Herren am „Revanchistentisch“ ihre alte Heimat nicht vergessen. 

Aber da war auch keiner darunter, der je ernsthaft an der Gültigkeit der Grenzen zu Polen und Russland gezweifelt hätte, oder sich gegen Willy Brandts Ostverträge stemmte. Erika Steinbach war an jenem Tisch jedenfalls eine suspekte Figur. 

Zumal sie noch nicht einmal den richtigen „Stallgeruch“ mitbrachte, da ihre Familie ja nie wirklich in Ostpreußen ansässig gewesen war und die Leute an unserem „Revanchistentisch“ auf einer mehrere hundert Jahre währende Familientradition in Königsberg, an der kurischen Nehrung oder dem Frischen Haff  verweisen konnten.


 Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger Willy Brandt. Jener Mann der versprach: Mehr Demokratie in Deutschland zu wagen. Brandt war auch ein Mann mit Humor. Von ihm ist folgendes Bonmot überliefert: "Wer nur vier oder fünf Flaschen Wein im Keller hat, hat relativ wenig, wer aber vier oder fünf Flaschen im Kabinett hat, hat relativ viel."



Manchmal liess man sich an jenem Tisch auch dazu hinreissen, von etwas anderem als nur Hochzeiten, Krankheiten und Beerdigungen zu reden, manchmal sprach man da auch über den Krieg oder die Flucht. 

Ich habe bei solchen Gelegenheiten in der Regel meine Ohren aufgesperrt und aufmerksam zugehört. „Wolfswechsel“ verdankt diesen Erzählungen am „Revanchistentisch“ zwei ausserordentliche Episoden. Die beide auf Tatsachen beruhen und die mir lange Jahre niemals wieder wirklich  aus dem Sinn gingen, bis ich sie in dem Roman verarbeiten konnte.

Würde man heute im Jahr 2011 den guten alten „Revanchistentisch“ noch einmal besetzen wollen, so würde er nahezu leer bleiben, weil kaum irgendeiner von all den alten Herrschaften noch am Leben ist, um seinen angestammten Platz daran einzunehmen.

Ihre Geschichten sind mit ihnen gegangen. Und was waren manche davon doch für faszinierende Erzählungen.

Keiner hat sie je aufgeschrieben. Kaum einer, der sich bis heute dafür interessiert. Schliesslich waren das die Geschichten der „kleinen Leute“.  

Geschichten, für die selten genug Raum in den Geschichtsbüchern gewesen war, und für die die Historiker ihre Federn nicht gespitzt hätten.  

Dennoch sind es gerade diese Geschichten, in denen sich, wie in einem Brennglas, die grosse Historie in den Schicksalen der kleinen Leute spiegelte und erklärte.

Denn „keiner besitzt je irgendetwas wirklich. Mit einer Ausnahme: seiner Geschichte. Doch selbst die wird erst dann wirklich zu SEINER Geschichte, nachdem sie wenigstens einmal erzählt wurde. Denn erst im Erzählen scheidet sich Dunkles von Hellem, verwischen die Grenzen, wird Gut zu Böse und Böse zu Gut. Und - lernt man das eine vom anderen auf ganz persönliche Art  zu unterscheiden.“

Geschichte besteht nicht aus Geschichten, das ist schon wahr. 

Aber sie besteht eben auch aus mehr, als nur den trockenen Daten von Königskrönungen, Schlachten, Eroberungen und Kriegen. 

Diese „kleinen Leute“ mit ihren vermeintlich „kleinen„ Schicksalen jedenfalls konnten wenn sie schon nicht auf die Historiker zu hoffen hatten, um ihre Geschichten zu erzählen, immer noch darauf setzten, dass es zuweilen der ein oder andere unter den  Schriftsteller tat.  
Genau das habe ich mit „Wolfswechsel“ zwar nicht nur, aber eben auch versucht. 



 Wolfswechsel bei Amazon.de

Wolfswechsel auf Facebook




Montag, 17. Oktober 2011

Erfolgsvermeidungsstrategien Teil 1

Im Web existieren inzwischen abertausende Webseiten, Foren und Blogs, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, ihrer geneigten Zielgruppe entscheidende Hinweise auf dem Weg zum erfolgreichen Schriftsteller mitzugeben.
Herr Gray fand jedoch, dass in dieser unübersehbaren Anzahl von Ratgeberwebseiten und -Blogs, eine ganz bestimmte Zielgruppe bislang noch niemals bedient worden ist: 

Jene Menschen, die literarischen Erfolg um jeden Preis VERMEIDEN möchten. Für diese spezielle Zielgruppe ist diese neue Serie innerhalb von Herrn Grays Blog konzipiert worden. 


Creative Writing Kurse – die Mutter allen Erfolgs-Übels

Wir alle, die wir uns dem Wahren, Schönen, Guten verpflichtet haben, wissen ja: Macht weint nicht. Macht kopiert nicht. 

Macht steht stets und ständig für sich allein. 

Und die Macht – das ist unwiderstehliches, authentisches Talent. 

Doch selbst die größten Talente waren niemals vollständig vor Versuchungen gefeit. 

Daher will ich Dich, lieber Leser, in diesem Blogpost über die wohl furchtbarste Form der Versuchung informieren, die sich Dir auf Deinem Weg in die weite und so ruhmreiche literarische Welt in den Weg stellen wird.
Richtig: Es handelt sich um so genannte Creative Writing Kurse, zuweilen auch als Literaturseminare oder als Das Literaturstudium bekannte Veranstaltungen. 
Du glaubst, dass solche Veranstaltungen ausgerechnet für Dich keine Versuchung darstellen können? Immerhin bist Du ja einer, der so seltenen Vertreter des authentischen Genies und daher über solche Versuchungen weit erhaben.  
Ich rate Dir jedoch: Überwinde Deinen Drang diesen Blogpost achtlos zu übergehen!  Gerade auf so überschäumende authentische Talente wie Dich, lieber Leser, richtet sich die volle Wucht der Marketingmaschine der Literaturseminare und Creative Writing Kurse. 
Daher unterschätze diese Versuchungen besser nicht, folge mir einfach ins Labyrinth der Tricks und Kniffe der Profiteure solcher Veranstaltungen. 

Ich bin sicher: Du wirst es nicht bereuen, denn wie bei allen Betrügereien ist es auch in diesem Falle natürlich so, dass man seine wahren Intentionen unter vollmundigen Versprechen verbirgt. Und Versprechen sind verführerisch. Selbst für Genies. 
Schauen wir also einmal, was sich konkret hinter diesen vollmundigen Versprechungen verbirgt. Betrachte diesen Blogpost einfach als eine Art von Schutzimpfung, ausgeführt mit Hilfe abgeschwächter Erreger, deren Gift Dich und Dein authentisches literarisches Talent sowieso nicht ernstlich zu bedrohen vermag. 
Zunächst einmal ist zwischen zwei verschiedenen Gattungen jener Veranstaltungen zu unterscheiden. 
Die erste Gattung, erwartet selbst von einem Talent wie Dir, nichts weiter als ein in der Regel recht beachtliches Honorar zu überweisen, um Dir Eintritt in die vermeintlich so Heiligen Hallen des Creative Writing Kurses verschaffen zu können.  
Die zweite Gattung ist daran zu erkennen, dass man dort wesentlich raffinierter dabei zu Werke geht, Dich zu ködern. Indem man von Dir erwartet, dass Du eine Probe Deines Talentes zur Verfügung stellst, bevor man Dich als Kursteilnehmer willkommen heiß. 

Selbstverständlich reichte im Grunde auch eine schlichte Einkaufsliste aus Deiner Feder, lieber Leser, als entsprechender Talentnachweis bereits aus. 

Weswegen es Dir jederzeit ein leichtes wäre, eine solche Probe Deines Könnens der fraglichen Institution als Probe Deiner Meisterschaft zuzustellen. Was wirklich dahinter steht, ist der Versuch Dir vorzuspiegeln, Du könntest während jenes Kurses endlich einmal mit Gleichgesinnten und gleichermaßen Talentierten zusammen kommen.  

Gehen wir also davon aus Du lieber Leser hättest tatsächlich der Versuchung nachgegeben und fändest Dich daher nun zwischen anderen neugierigen Kursteilnehmern in irgendeinem pragmatisch kühl eingerichteten Schulungsräume wieder, gespannt darauf, was Dich wohl erwarten möge. 
Was genau ist es nun, das Dich dort erwartet? 
Ein konzertierter Angriff auf Deine Art zu denken, zu schreiben und Dich mit Kritik auseinanderzusetzen. Dazu gedacht, Dich in ein ganz bestimmtes intellektuelles und stilistisches Korsett zu zwängen. 

Denn, vergiss nicht, lieber Leser: Talente wie Du sind gefährlich für das literarische Establishment. Du verfügst über eine instinktive Neigung zum literarischen Experiment und der sprachlichen Erneuerung. Eben das ist es, wovor eine sehr gut geschmierte Publikumsverlagsmaschinerie Angst hat. Und: Angst haben muss. Scheut sie doch in Wahrheit das wirkliche Talent, wie der Teufel das Weihwasser. 
Weshalb magst Du Dich ein wenig verwundert fragen. 

Betonen nicht gerade Vertreter der Verlagsindustrie immer wieder, dass ihnen nichts so sehr am Herzen liege wie literarisches Talent? 

Dies sind jedoch reine Lippenbekenntnisse, lieber Leser. 

Worum es der Verlagsindustrie in Wahrheit geht, ist schnöder Umsatz und möglichst gewaltige Absatzzahlen. 

Wahres literarisches Talent kann sich da nur störend auswirken. Was hier gefragt ist, sind stromlinienförmig getrimmte Literatur-Klone, einer so belanglos und glatt wie der andere.
Haben wir nunmehr die wirkliche Intention hinter der Veranstaltung solcher Schreibkurse aufgedeckt, wenden wir uns im Folgenden den Mitteln zu, welche man dort dazu anwendet, sich im geheimen Auftrag der Verlagsindustrie authentischer Talente wie Deinem ein für alle Mal zu entledigen. 
Sieh einen Creative Writing Kurs einfach als „Boot-Camp“, bei dem es dem Drill-Sergeant darum geht, durch psychische Demütigung jegliches authentische Kreativpotenzial in den Kursteilnehmern zunächst zu zerstören, um sie anschließend nach seinen eigenen Maßgaben als Mainstream hörige Literatur-Klone wieder aufzubauen.

Mittel # 1: Klassikerkopie
Zunächst einmal wird man die Kursteilnehmer dazu bringen sich mit den Texten so genannter Klassiker/Bestsellerautoren auseinanderzusetzen. 

Hintergedanke dabei, ihren innovativen Schreib- und Denkstil im Sinne der Verlagsindustrie und deren Produktlinien besser beurteilen und dann im weiteren Verlauf des Kurses umso besser umpolen zu können.  
 
Mittel #2: Gruppendynamische Vernichtung
Glaubt man damit erste Erfolge verzeichnet zu haben, geht man dazu über die Kursteilnehmer durch geschickte Manipulation der Gesetze der Gruppendynamik dazu zu verleiten, ihre Texte der Kritik der übrigen Kursteilnehmer auszusetzen. 
Gerade beim Mittel der Gruppenkritik wird man besonders darauf achten, dass diese bei authentischen Talenten besonders hart und ungerechtfertigt ausfällt. 

Und zwar schon allein deswegen, um jene wahren Talente in eine psychologisch unterlegene Position zu manövrieren, von der aus es ihnen noch schwerer fällt, sich gegen die von den übrigen Kursteilnehmern vorgebrachten Scheinargumente angemessen zur Wehr zu setzen.

Mittel #3: Selbstkritik
Man bezeichnet diese Taktik auch als „Selbstkritik“. Sie ist vor allem innerhalb totalitärer Parteien und in bestimmten religiösen Sekten beliebt. 
Im Kern geht es dabei darum, die Kursteilnehmer nach dem Kritikbombardement durch die Gruppe einer weiteren raffinierten Demütigung auszusetzen, indem man von ihnen verlangt, dass sie sich vor der Gruppe zu ihren vermeintlichen Fehlern bekennen und diesen quasi abschwören. 

Diese „Selbstkritik“ stellt den letzten Schritt innerhalb der bewussten Zerstörung authentischen Talentes dar.  



Mittel #4: Umpolung des Kreativpotenzials der Kursteilnehmer

Dieses Ziel wird vor allem durch mal offen, mal heimlich vorgebrachtes Lob für die wenigen Abschnitte der Texte erreicht, die vermeintlich den Vorgaben der Verlagsindustrie und deren Definition von Mainstream-Literatur entsprechen. 

Hintergrund dabei: Den betreffenden Kursteilnehmern zu suggerieren, sie hätten ihr wahres Potenzial für „erfolgreiches Schreiben“ bislang nur nie erkennen und nutzen wollen. Und sich bislang verbissen auf literarischen und stilistischen Irrwegen getummelt. 

Mit diesem Lobangriff einher gehen schwammig gehaltene Versprechungen einen persönlichen Kontakt zu einem erfahrenen und verständnisvollen Vertreter der Verlagsindustrie vermitteln zu wollen. 

Mit dem Zuckerbrot des Erfolges beim großen Publikumsverlag vor Augen, so glaubt man, würde sich noch jedes auch noch so verbissene authentische Talent, schon den Anforderungen des vermeintlichen Mainstream-Geschmacks beugen.

Schlussworte: 
Nunmehr immunisiert gegen die wohl gefährlichste Versuchung der gemeinen Publikumsverlagsindustrie entlasse ich Dich, lieber Vertreter der Zielgruppe zum nächsten nicht weniger spannenden Blopost innerhalb der Reihe „Wie vermeide ich jeglichen Erfolg als Autor“. 

In jenem zweiten Bloghpost wird sich alles um die Pest, die Krätze, die furchtbarste Zumutung auf Ihrem Weg ins literarische Abseits überhaupt drehen: den/die Kritiker. 








Montag, 10. Oktober 2011

„United Artists“ – die Zukunft des Indie-Ebooks


 
Herr Gray ist sich nicht zu schade ab und an seine Kristallkugel zu bemühen, um sich darin einen Eindruck von der Zukunft zu verschaffen. Was diesen Blogpost betrifft, hat er sich jedoch gar nicht erst die Mühe gemacht, seine Kristallkugel abzustauben. Für die Prophezeiungen hier genügte ihm allein sein gesunder Menschenverstand. Der derzeit recht unübersichtliche Ebook-Markt wird sich in Zukunft noch weit mehr aufsplitten.
Das ist eine gute Nachricht für uns Autoren.
Denn: der Ebook- Markt wird zugleich auch auf Jahre hinaus ein immenses Wachstum erleben. Sein Wachstum wird –angefeuert durch die Konkurrenz der massgeblichen Vertriebsplattformen– so groß sein, dass sich darin selbst für Autoren von ausgesprochenen Nischen-Titeln ein gutes Auskommen realisieren lassen wird. Viele jener Autoren werden allerdings eine beachtliche Anzahl ihrer Verkäufe gar nicht mehr nur auf Amazonien oder dem iTunes-Store erwirtschaften, sondern über ihre strategisch gut vernetzten Shops und die eigenen Blogs und Webseiten.
Denn genau hier, auf den untereinander gut vernetzten Autorenwebseiten liegt mittelfristig die Zukunft der Ebook-Autoren. Nicht alle unter uns werden diesem Zukunftstrend folgen können. Oder überhaupt folgen wollen. Sich innerhalb der immer schneller werdenden Entwicklung innerhalb des Ebook-Marktes zu behaupten, erfordert nicht nur eine langfristige Strategie, sondern auch spezielle Fähigkeiten auf deren „Ausbeutung“ sich womöglich nicht alle geschätzten Kollegen einlassen werden. Was ehrenwert ist.
Webseiten und Blogs wollen klug untereinander vernetzt,  bedient, gefüllt und am virtuellen „Leben“ gehalten werden. Und das teilweise über einen relativ langen Zeitraum hinweg, bevor sich von über sie irgendwie auch nur ein müder Euro Einnahmen erwirtschaften lässt.
Nur ein Beispiel aus der Praxis: mein Blog hatte in fünf Monaten etwas über 5.000 Klicks. Und die Werbeanzeigen für die Ebooks, die ich darauf platziert habe, brachten mir über Amazons Werbe-Partnerprogramm bislang die stolze Summe von 1, 78 Euro an Einnahmen ein. Gewaltig, nicht wahr?
Bravo, Herr Gray!  
Rechne ich die hunderte Stunden gegen, die ich für die Pflege meines Blogs bisher aufwandte, so scheint das finanzielle Ergebnis schlichtweg lächerlich.
Oder – eben womöglich doch nicht: denn noch immer verkaufe ich um die 20-30 Bücher pro Tag, an manchen Tagen sogar so einige mehr.  Was mir Tag für Tag Einnahmen zwischen 50 und 75 Euro pro Tag beschert. Hochgerechnet auf einen vollen Monat ergibt das ein ganz nettes Zubrot zwischen 1.200 und 1.700 Euro. Mancher Facharbeiter oder gar Uniabsolvent in diesem unserem Land verdient weniger. Diese Umsätze meiner Titel erziele ich nicht durch Lesungen mit angeschlossenen Buchverkäufen, ich erziele sie nicht einmal nur mit einem ganz angenehmen Chartplatz in Amazons Kindle Store, sondern durch meine Präsenz im Internet, deren wichtigstes Element eben mein Blog darstellt, der mir als Visitenkarte in die virtuelle Welt des World Wide Web dient. Ich verkaufe Ebooks – Ebooks sind digitale Produkte, die sich eben als solche grundsätzlich online am besten verkaufen.
So gesehen hat sich die Arbeit an meinem Blog für mich durchaus gelohnt. Genauso wie die hunderte Kommentare und Postings, die ich im Laufe der Zeit bei Facebook und G+ hinterlassen habe.
Doch meinen Blog zu bespielen und auszubauen, ist längst nicht alles, was von mir als Ebook-Autor erwartet wird, um weiterhin erfolgreich sein zu können.  So die Musen und die launische Fortuna mit mir sind, werde ich zwar diesen Blog weiterhin mit virtuellem Leben füllen und noch stärker im Internet vernetzen. Weswegen ich hier die Prophezeiung wage, dass ich die Anzahl der Klicks auf meinen Blog innerhalb der nächsten drei Monate locker zu verdoppeln vermag.  Weiterhin recht konservativ gerechnet, werde ich Anfang Januar  des kommenden Jahres meine verschiedenen Ebook-Titel alles in allem wohl an etwa 7.000 – 8.000 Leser verkauft haben.
Dieser Zeitpunkt wird eine Zäsur darstellen. Denn – vorausgesetzt es gelingt mir tatsächlich dieses Ziel zu erreichen – wird es ab diesem Moment erforderlich sein, meine Webpräsenz um ein strategisch wichtiges Element zu ergänzen: den von Amazon unabhängigen Webshop für meine Ebook-Titel.
Da die Funktionsweise des Internets jedoch vor allem eine möglichst große Vielfalt erfordert, um darin sichtbar und damit erfolgreich zu sein, werde ich mich nicht allein auf jene Reise zum unabhängigen Webshop  begeben. Sondern versuchen  mit einigen geschätzten Kollegen und Kolleginnen strategische Allianzen einzugehen, und zusammen mit ihnen eine Art „United Artists of Authors“ ins Leben zu rufen.
Mit anderen Worten: in Zusammenarbeit mit jenen Kollegen versuchen einen Webshop zu etablieren, der möglichst verschiedene innerhalb ihrer jeweiligen Genres jedoch qualitativ hochwertigen Ebook-Titel anbieten wird. Dabei aber zugleich gut mit den verschiedenen namhaften anderen Vertriebsplattformen vernetzt sein soll.
Und wer unter der geschätzten Leserschaft sich jetzt fragt, weshalb Herr Gray und alle anderen jener Kollegen so dämlich sein sollten, ihr Geld und ihre Mühe in ein solches Gemeinschaftsprojekt zu investieren, wo doch womöglich jeder für sich mit seinen Titeln auch ein ganz hübsches Auskommen finden könnte, dem sei erneut entgegengehalten: das Internet funktioniert am besten auf einer Basis von Vielfältigkeit.
Jenes Prinzip der Vielfältigkeit auf dieses spezielle Vorhaben angewandt bedeutet: der Leser, der sich zu jenem Shop findet, um Titel von Autorin X zu erwerben, könnte dabei auf den gar nicht mal so fern liegenden Gedanken verfallen, auch Geschmack an Titeln von Autor Y zu finden. Um umgekehrt.
So dass man davon ausgehen könnte, dass sich alles in allem die verschiedenen Marketingaktivitäten sämtlicher in jenem Universum der „United Artists of Authors“ vertretenen Kollegen gegenseitig befruchten.
Zumal dieser Weg ja auch keinesfalls ausschließt das irgendeiner dieser Kollegen weiterhin im Printbereich tätig sein wird. Im Gegenteil: wird die Präsenz der Kollegen dort die Umsätze ihrer Ebooks im „United Artists“-Ebookshop zweifellos nur noch anfeuern.  
Man mag an diesem Punkt vergnüglich in sich hineinlächeln und Herrn Gray im Stillen als Träumer abtun. Und Herr Gray könnte sich noch gar nicht einmal guten Gewissens gegen solcherlei Vorwürfe verwehren, ist ihm doch selbst bewusst, wie gewagt seine Pläne scheinen mögen.  
Zumal Herr Gray sich ja zudem auch schon all die gut und weniger gut gemeinten Einwände gegen seine Ideen und Pläne vorstellen kann, die zweifellos demnächst in dieser oder jener Form hervorgebracht werden mögen. Herr Gray kann dazu nur eines bemerken: nur her damit, liebe Freunde und Kollegen!
Ich warte schon äußerst gespannt darauf.