Hallo Herr Meller, man hat Sie einmal als einen – wenn nicht sogar den – einflussreichsten Agenten im deutschen Literaturbetrieb
bezeichnet, ganz bestimmt aber zählen Sie zu den erfolgreichsten und
erfahrensten Literaturagenten am Markt.
Sie vertreten auf dem deutschen Markt solch berühmte
Autoren wie Jonathan Franzen, Martha Grimes,
Frank McCourt, oder David Baldacci und kümmern sich auch um die
Vermarktung des literarischen Nachlasses in Deutschland von Roald Dahl.
Vergessen Sie
bitte nicht Autoren wie Rebecca Gablé, D.B. Blettenberg, Bernhard Hennen, Eva Völler, Timur Vermes, Annette Hohberg, Anne Chaplet und viele andere gute (und erfolgreiche)
deutsche Autoren. Außerdem besteht die Agentur schon seit einigen Jahren nicht
mehr nur aus mir allein. Wir sind 4 Agenten/innen!
Ich bin mir klar, dass jeder Zauberer nur so gut sein
kann wie seine besten Tricks, und werde mich daher hüten Sie hier nach
irgendeinem Erfolgsrezept zu fragen. Würden
Sie dennoch den Lesern zumindest verraten, welche Voraussetzungen es braucht um
überhaupt im Geschäft des Literaturagenten bestehen zu können? Sind es
tatsächlich nur die guten Beziehungen zu Autoren, Lektoren, Verlegern, die eine
erfolgreiche Agentenkarriere ausmachen, oder steckt da doch noch mehr dahinter?
Agenten sind
keine Zauberer. Sie können nur so gut sein wie das Manuskript mit dem sie
arbeiten. Was sie besser können als die meisten Autoren ist die Einschätzung
und Kenntnis des Marktes, um dann den für einen Autor bestmöglichen Vertrag zu
verhandeln.
Das muss nicht
immer ein grosser Vorschuss sein. Hier gibt es sehr viele Mythen.
Selbstverständlich
gehören gute Kontakte dazu. In Amerika gibt es einen Spruch, der mir immer
gefallen hat: Der Agent ist nicht gegen den Verlag, aber für den Autor!
Man hört ja immer mal wieder, dass die Verlage
zugunsten weniger berühmter Bestsellerautoren, deren Vorschüsse „thru the roof“
gehen, die breite Masse der Verlagsautoren vernachlässigen. Ist da tatsächlich
etwas daran, Herr Meller?
Natürlich wird
meistens ein hoch bevorschusstes Manuskript anfänglich mehr befördert, aber ob
es sich deswegen gut verkauft, bleibt dahingestellt. Dazu kommt, dass die
Mitarbeit des Autors beim Verkauf immer wichtiger wird. Ansonsten siehe oben
unter Mythen….
Und ein hoher
Vorschuss für einen erwiesenen Bestsellerautor ist eigentlich etwas ganz
normales – oder?
Der Buchmarkt in Deutschland ist im Umbruch. Das
E-Book ist endgültig in Deutschland angekommen und so mancher ruft deswegen mal
wieder den „Untergang des Abendlandes“ aus.
Ich weiß, dass Sie persönlich dem E-Book wohl sehr
offen gegenüberstehen. Aus welchen Gründen?
Man könnte ja immerhin argumentieren, dass mit dem
Erfolg des Selfpublishing bei Amazon.de und anderswo, die klassische Rolle des
Agenten als Vermittler zwischen Verlag und Autoren ins Wanken geraten sei. Sind
Sie vielleicht einer der letzten Großen innerhalb eines zum aussterben
verurteilten Berufszweiges?
Eins nach dem
anderen. Die Verlage fahren ihre Programme zurück und Händler ihre
Verkaufsflächen. Damit geraten die Autoren in einen doppelten Engpass.
Das E-Book ist
das lang ersehnte Ventil!
Doch ob E-Book
oder traditionelle Print-Ausgabe – der Agent nimmt weiterhin dem Autor Arbeiten
und Aufgaben ab, die diesen sonst von seiner Hauptarbeit, dem Schreiben,
abhalten. Haben Sie schon mal die Abrechnungen der E-Book Plattformen
auseinandergefieselt, wie man in Bayern sagen würde!?
Die großen E-Book
Erfolge, von denen wir aus Amerika (und seit SHADES OF GREY ja nicht mehr nur von dort) hören, stammen
von Autoren, die in 99% der Fälle einen Agenten haben. Und die wissen auch warum.
Sicher, unsere
Aufgaben verändern sich ebenfalls.
Stichwort Urheberrechtsdebatte – kürzlich irgendeine
der vielen Petitionen unterzeichnet, Herr Meller? Falls dem so war - welche und
weshalb? Oder ist das in Ihren Augen nur wieder einer jener Stürme im
Wasserglas, für die das Internet ja so prädestiniert ist?
Ich unterzeichne
grundsätzlich keine Petitionen, vor allem nicht solche unausgegorenen.
Wo waren denn
alle diese Autoren über all die Jahre!!?? Haben die nie gemerkt, dass unser
bestehendes Copyright noch mit beiden Füßen im 19. Jahrhundert verankert ist? Ohne
die Piraten würde da immer noch nichts geschehen. Endlich kommt, dank der
Piraten, Bewegung in die Sache. Und keinen Tag zu spät.
Es existiert in
der gesamten Buchbranche eine Debatte darüber, ob es generell schädlich für den Markt sei, wenn
bei den großen Plattformen wie Amazon.de die Charts immer mehr von Titeln zu 99
Cent bzw. 2,99 Euro dominiert werden. Wie stehen Sie dazu? Ist es bald an der
Zeit da irgendwie eine Reißleine zu ziehen?
Diese imaginäre Leine ist schon damals gerissen als die Verlage
Unternehmen wie der Süddeutschen Zeitung und all deren Nachahmern Lizenzen für
Top-Titel zu Bedingungen verkauften, deren Preise noch untern denen von
Taschenbüchern lagen. Da beim E-Book keine physische Produktion notwendig ist,
sind das - proportional gesehen - ganz „normale“ Preise. Trotzdem hier bestimmt
auch der Markt den Preis UND der Autor. Das wird immer wieder vergessen. Gerade
beim E-Book hat der Autor uneingeschränkte Autorität!
Unter vielen
Autoren herrscht die Ansicht, dass es gefährlich sein könnte seine Werke selbst
als E-Books zu publizieren, da dies womöglich von den Verlagen als anrüchig
betrachtet würde und daher einen Verlagsvertrag von vornherein ausschließt. Ist
da Ihrer Meinung nach etwas dran?
Schlichter Unsinn. Das eine schließt ja das andere nicht aus. Abgesehen
vom gleichen Werk; da kann ein Verlag durchaus zickig werden, wenn der Autor
das Manuskript alleine parallel als E-Book veröffentlichen möchte. Andererseits
kämmen die Verlage dieser Tage die E-Book Bestsellerlisten nach printfähigem
Material durch.
Nicht nur Wolfgang
Tischer vom literaturcafe.de sieht mittelfristig die Zukunft des stationären
Buchhandels in einem düsteren Licht. Sie ebenfalls? Haben wir inzwischen
bereits wirklich Grund dazu, dem guten alten Buchladen um die Ecke eine Träne
nachzuweinen?
Es gehört zu den Widersinnigkeiten der Preisbindung, dass damit
ursprünglich den Ladenketten das Kapital geliefert wurde, den stationären
Buchhandel platt zu machen (in den USA kalkulierten die Ketten viel schärfer,
da sie hohe Rabatte anbieten mussten); doch die Ketten waren auch nicht
besonders clever und haben das Geld in unsinnigen Expansionen verpulvert. Im
Endeffekt sind aber nun beide - hier wie dort - am E-Book gescheitert. Amazon
hat dafür gesorgt. Und nun freut sich Amazon hier über den Reibach, den sie
dank des gebundenen Ladenpreises in Deutschland
machen dürfen! Damit keine Missverständnisse entstehen, wir sprechen von den
Print-Ausgaben.
Vielleicht eine etwas indiskrete Frage, aber haben
Sie sich in Ihrer langen Karriere im Bezug auf den Erfolg eines Buches schon
einmal total verspekuliert?
Ja, als ich noch
in den New York lebte, habe ich dem Bertelsmann Verlag dringend vom Kauf der
Autobiographie von Lee Iaccocca (Automanager und Chef von Chrysler) abgeraten.
Ich telexte (!) nach München: „stinklangweilig, voller Details über Autos.“
Es wollte dann
auch fast 6 Monate lang kein anderer Verlag das Buch, bis Econ der Agentin
einen Gefallen tat und es für $ 1000,-- einkaufte. 700 000 Ex. später waren wir
alle schlauer.
In Europa wurde
es nur in Italien und Deutschland ein Erfolg. 2 Auto-Nationen! Hätte man
natürlich dran denken sollen….
Es gibt sicherlich
Bücher, die ich abgelehnt hätte, doch
sie wurden mir nie angeboten. Schwein gehabt….
Und ganz zum Schluss: Welche Frage wollten Sie schon
immer einmal von einem Journalisten gestellt bekommen; und weshalb gerade
diese?
Ich warte noch –
mir fällt sie nicht ein….
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Ja - lest mehr Bücher, als Blogs Leute. Lest vor allem gute Bücher. Zur Not ja sogar meine. |
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