Herr Gray hat sich für einen neuen Beitrag innerhalb seiner kleinen Serie „8 Rules for Writing by Writers“ einmal an eine Vertreterin einer unter Autoren (und solchen, die es noch werden wollen) legendären Berufsgruppe gewandt: an eine Lektorin.
Marion Voigt ist Mitglied im Verband freier Lektoren und hat sich aufgrund von Herrn Grays Anfrage die Mühe gemacht, aus ihrer Sicht einige Argumente dafür zusammenzustellen, weshalb ein Autor sich auf ein professionelles Lektorat für seine Texte einlassen sollte. Und zwar möglichst bevor er damit in irgendeiner Art und Weise an die Öffentlichkeit geht.
Marion Voigt
Der Autor und sein Lektor: Sieben Sätze, die es in sich haben
Glücklich, wer schreibt und einen professionellen Erstleser hat. Jemanden, der das Werk bis zur Veröffentlichung begleitet und die Autorin, den Autor anspornt, das Beste aus sich rauszuholen.
Ist das so selten?
Ist das so selten?
Mit Hilfe der folgenden sieben Punkte lässt sich ausloten, wie gut die Chancen auf eine ersprießliche Zusammenarbeit zwischen Autor und Lektor stehen:
1. Eine Lektorin? Brauch ich nicht.
»Mein Text ist nahezu perfekt. Die paar Flüchtigkeitsfehler, die da noch drinstecken, seh ich beim Korrekturlesen selbst.«
Soll schon vorgekommen sein. Wer schreibt, weiß aber auch, dass Urteilskraft und Aufmerksamkeit gegenüber dem eigenen Text leicht verlorengehen. Die Lektorin bringt den nötigen Abstand mit, um nicht zu lesen, was gemeint ist, sondern was dasteht.
2. Mein Lektor versteht mich nicht …
»Da steht es doch schwarz auf weiß. Besser kann man das nicht sagen.«
Im Allgemeinen ist der Lektor nicht begriffsstutziger als die erhofften zukünftigen Leserinnen und Leser. Wenn er über eine Formulierung stolpert, lohnt es sich, die Passage noch mal unter die Lupe zu nehmen. Am besten gemeinsam.
3. Hilfe, mein Text wird kastriert!
»Das geht wirklich zu weit, wenn hier jemand streicht, dann ich.«
Ob das Einzelne zum Ganzen passt, merkt jede Leserin, jeder Leser intuitiv. Der Abschnitt zum Kapitel, der Satz zur Figur etc. Durch Streichen, Verschieben, Umformulieren können sich ganz neue Perspektiven ergeben – vorausgesetzt, es ist klar: Änderungen sind vor allem Vorschläge und führen vielleicht erst zur besseren Alternative.
4. Hoffentlich findet die nix ...
»Ich kann wirklich gut schreiben. Und ich bekomm die Krise, wenn mir jemand Fehler anstreicht.«
Falsch oder richtig, das ist nicht das Thema. Im Lektorat geht es um sprachliche Konventionen und Lesegewohnheiten, um Zielgruppen und Genres. Aber was macht einen stimmigen Text aus? Das klärt sich oft überraschend durch das Feedback der Lektorin.
5. Was tut der überhaupt für sein Geld?
»Was sollen die Fehler in den Fahnen. Hat der Lektor gepennt?«
Der Lektor ist kein Korrektor. Je intensiver die Arbeit am Text ausfällt, desto mehr verliert auch der Lektor an Distanz. Dagegen gibt es Strategien, aber es bleibt immer mal was stehen. Idealerweise lesen vor der Veröffentlichung außer dem Autor noch zwei neutrale Personen Korrektur.
6. Das macht meine Lektorin schon.
»Der Plot muss stimmen, alles andere findet sich.«
Jahreszahlen, Namen, Merkmale – in den Details genau zu sein lohnt sich. Nicht nur weil es Zeit und Kosten für die nachträgliche Recherche spart, sondern auch als vertrauensbildende Maßnahme und Signal an die Lektorin: Dieser Text hat Hand und Fuß.
7. Ich hab da noch eine Idee!
»Der Abgabetermin ist nicht das Wichtigste, schließlich soll mein Buch gut werden.«
Irgendwann ist der Zeitpunkt da. Das Werk aus der Hand geben, loslassen, zurückbleiben … Die redigierte Fassung sieht schon ein wenig fremd aus, und sie enthält ein paar brauchbare Anregungen des Lektors. Aber so schwer es fällt – jetzt sind Überarbeitungen fehl am Platz. Es sei denn, Zeit und Geld spielen keine Rolle.
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Marion Voigt ist entweder über ihre Webseite oder über ihren Facebookauftritt zu erreichen.
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