Montag, 6. August 2012

Wolfgang Hohlbein – die Freiheit nehm’ ich mir




Hallo Wolfgang Hohlbein, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen meine Fragen zu beantworten. Sie erreichten mit Ihren Büchern regelmäßig Millionenauflagen. Mancherorts behauptet man Sie seien der Auflagenstärkste zeitgenössische deutsche Autor überhaupt.

Kollege Andreas Eschbach hält auf seiner Webseite den Hinweis bereit, dass man als Autor besser nicht erwarten solle je in die Verlegenheit zu kommen, vorm eigenen Haus die Paparazzis von den Bäumen schütteln zu müssen. Dennoch, Herr Hohlbein, werden wenigstens Sie manchmal auf der Straße erkannt und um ein Autogramm gebeten?

Auch wenn ich gelegentlich einmal erkannt und um ein Autogramm gebeten werde: ein Autor ist kein Rockstar. Zu unseren Lesungen kommen bestenfalls ein paar hundert Leute, während zu den großen Festivals wie Wacken zehntausende von Fans pilgern. Das kommt mir entgegen, denn dadurch fokussiert sich das öffentliche Interesse viel mehr auf das, was ich zu Papier bringe. Ich finde es prima, manchmal an Podiumsdiskussion teilnehmen zu können oder nach einer Lesung meinen Lesern in einer Fragerunde Rede und Antwort zu stehen. Aber genauso, dass ich auch ganz normal mit der Bahn fahren und in ein Restaurant gehen kann. Darauf würde ich nur sehr ungern verzichten.


Wolfgang Hohlbein - Bestsellerautor
 

Was halten Sie vom Phänomen der so genannten Indie-Autoren, also den Kollegen, die ihre Titel selbst als E-Books auf den verschiedenen Plattformen veröffentlichen? Verfolgen Sie diese Entwicklung überhaupt?  

Ich würde sicherlich daran teilnehmen, wenn ich selber noch eher im Anfang meiner Karriere wäre. Meine ersten Geschichten habe ich in Fanzines veröffentlicht, das hat mich weitergebracht. Das man jetzt darüber hinaus viel mehr Freiheiten hat, seine Leser zu erreichen: Das ist eine Bereicherung.

Ein Verlagslabel auf dem Buchcover bürgt ja dafür, dass da Lektorat, Korrektorat, Cover und was dergleichen noch mehr ist, professionell gehandhabt wurden. Wird das allein ausreichen, um in der derzeit immer schärfer werdenden Konkurrenz im E-Book Markt zwischen Indie-Autoren und Verlagsautoren langfristig mithalten zu können?

Zu diesem Themenkreis finden ganze Kongresse statt. Die gehen allerdings ziemlich an mir vorbei: Ich sehe mich nicht in der Rolle als Trenddeuter, sondern als Geschichtenerzähler. Insofern beobachte ich, dass sich der Markt immer weiter öffnet, und ständig neue Publikations- und Vertriebsformen ausprobiert werden.  Wer am Ende gewinnt oder verliert: Das lässt sich im künstlerischen Bereich gottlob vorab nicht wirklich einschätzen.

Wie sehen Sie den E-Book Markt als Verlagsautor? Bringt das E-Book langfristig Schaden, ist es womöglich ein Segen, doch eher Fluch – oder womöglich schlicht irgendetwas dazwischen?

Mit dem Ausdruck „Verlagsautor“ kann ich eigentlich nur wenig anfangen. Wie gesagt sehe ich mich als Geschichtenerzähler. Ob meine Geschichten dann in gedruckter Form, als Hörbuch, als Film oder als E-Book verbreitet werden, steht dabei für mich nicht so im Vordergrund. Was ich allerdings wichtig finde ist, dass ein Austausch von Geben und Nehmen besteht. Und das geht nur solange gut, solange Raubkopien nicht überhand nehmen. Wenn das nicht mehr der Fall ist, wird man als Familienvater eher einen Bürojob annehmen, statt Künstler zu werden.

Als Selbstpublizierer ist es mittlerweile kein großes Problem mehr, viele der Dienstleistungen, die ein Verlag dem Autor anbietet, auch selbst einzukaufen. Ich denke da an Lektorat, Cover und dergleichen mehr. Der Aspekt, den die überwiegende Anzahl der Selbstpublizierer allerdings stets als besonders positiv hervorhebt, ist ihre Freiheit über Vermarktungsform und Gestaltung des eigenen Buches selbst bestimmen zu können. Gibt es Momente im Leben des Verlagsautors Wolfgang Hohlbein, in denen er den Indie-Autoren jene Freiheit womöglich ein wenig neidet?

Nein. Ich habe mir die Freiheit genommen, in meinen Geschichten immer wieder Grenzen zu sprengen. Das ist für mich Freiheit. Nicht die, selbst Vermarkter zu werden.

Stichwort: illegale Downloads. Haben Sie als der erfolgreichste deutsche Gegenwartsautor schon Erfahrungen mit illegalen Downloads Ihrer Bücher machen müssen?

Sicher. Aber damit beschäftigen sich die Verlage, während ich – ich kann mich hier nur wiederholen – mich lieber aufs Geschichtenerzählen konzentriere.

Stichwort Urheberrechtsdebatte. Hat Wolfgang Hohlbein in dieser Angelegenheit eine Petition unterzeichnet? Und falls ja – welche und weshalb? Oder halten Sie Ihren Namen von solchen Unternehmungen grundsätzlich lieber fern?

Das Thema Raubkopien und Urheberrechtsschutz verfolgt mich, seitdem ich im Jahr 2000 als erster deutscher Autor erfolgreich eine E-Book-Geschichte an den Mann gebracht habe. Ich finde es dennoch weitaus spannender, Romane zu schreiben, als Petitionen zu unterzeichnen.

Unter vielen Autoren herrscht die Ansicht, dass es gefährlich sein könnte seine Werke selbst als E-Books zu publizieren, da dies womöglich von den Verlagen als anrüchig betrachtet würde und daher einen Verlagsvertrag von vornherein ausschließt. Ist da Ihrer Meinung nach etwas dran?

Wer nicht bereit ist, Gefahren einzugehen, wird wohl kaum neue Türen aufstoßen. Ich habe mich als Vater von drei Kindern als Autor selbstständig gemacht, als ich noch keine wirklichen Erfolge vorzuweisen hatte. Die stellten sich dann sehr bald ein. Andere waren weniger glücklicher und mussten schon bald wieder in ihren ungeliebten Beruf zurückkehren. Aber sie haben es wenigstens versucht: Und darauf kommt es im Leben doch an.

Viele Branchenprofis sehen mittelfristig die Zukunft des stationären Buchhandels in einem düsteren Licht. Sie ebenfalls?

Der stationäre Buchhandel ist Mittler zwischen Verlagen und Käufern. Je mehr diese Funktion auch von anderen – etwa vom Online-Buchhandel und Web-Portalen – angeboten wird, umso schwieriger wird es für den klassischen Buchhändler.

Was wirft Sie bei der Arbeit an einem neuen Roman garantiert „aus der Bahn“? 

Körperliche Erschöpfung wie nach einer langen Autofahrt im Stau.




Donnerstag, 2. August 2012

Rebecca Gablé - Königin der Herzen?


Hallo Frau Gablé vielen herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, meine Fragen zu beantworten.  Ihre Titel schaffen es regelmäßig auf die SPIEGEL Bestsellerliste. Sie sind eine echte deutsche Bestsellerautorin, von denen es so viele ja nun auch nicht gibt.

Sie haben eines Tages beschlossen Ihren Brotberuf als Bankkauffrau aufzugeben und Ihr Glück ausgerechnet mit einem Literaturstudium zu versuchen. Ziemlich mutige Entscheidung. Gab’s einen Plan B, oder haben Sie bildlich gesprochen damals „alle Brücken hinter sich abgebrannt“?

Ich habe das Literaturstudium mit dem Berufsziel „Schriftstellerin“ begonnen, aber natürlich war mir klar, dass das ziemlich unrealistisch war, zumal ich zu dem Zeitpunkt schon drei Jahre erfolgloser Verlagssuche für meinen ersten Roman hinter mir hatte. Plan B war, notfalls nach dem Examen in meinen alten Beruf zurückzukehren. Während des Studiums entwickelte sich dann aber glücklicherweise Plan C, der auch zur Anwendung kam: Ich habe neben dem Schreiben einige Jahre als Literaturübersetzerin gearbeitet.


Rebecca Gablé © Olivier Favre 2011
Wie viele Buchverkäufe braucht es eigentlich bevor man sich mit Fug und Recht im Printbereich „Bestsellerautorin„ nennen darf?

Fragen Sie drei Leute, bekommen Sie drei verschiedene Antworten. Irgendwo las ich kürzlich, ein Beststeller sei ein Buch, das 20.000 Exemplare verkauft habe. Das kommt mir ziemlich willkürlich vor. Es ist letztlich eine Frage der Definition. Ist ein Buch ein Bestseller, das es auf Platz 50 der Buchreport-Bestsellerliste (deren Plätze 1 bis 20 wöchentlich im SPIEGEL stehen) geschafft hat? Dann können 10.000 oder 15.000 verkaufte Exemplare durchaus reichen. Oder ist ein „richtiger“ Bestseller nur ein Titel, der es in die Top 10 geschafft hat? Dann müsste man die Zahlen in etwa verdreifachen, schätze ich. Es hängt natürlich auch von der Jahreszeit ab: Im Sommerloch, wenn wenige Hardcover erscheinen, reichen vielleicht schon 20.000 für die Top 10. Im September und Oktober, wenn die Novitäten gleich dutzendweise ins Weihnachtsgeschäft fluten, kommt man damit kaum über Platz 30. Sie können mit einem gut vermarkteten Titel mal kurz in die Top 10 hochschießen, aber insgesamt die 30.000-Marke niemals knacken, aber Sie können einen langsam dahin schleichenden Longseller 200.000 mal verkaufen, ohne je auf einer Bestsellerliste zu stehen. Woran man sehen kann, wie absurd diese Listen als Erfolgsmesser eigentlich sind.


Immerhin gibt es mittlerweile Indie-Autoren, die behaupten ihre Bücher mehrere Zehntausend Mal verkauft zu haben. Jonas Winner hat sogar die 100.000der Marke mit seiner Berlin-Gothic-Serie  geknackt. 
Andererseits wird ja allenthalben immer wieder behauptet, dass man vom Beruf des Autors nicht leben könne. Hellen solche Verkaufszahlen im Independent-Bereich die Aussichten für Nachwuchsautoren generell nicht doch etwas auf?

Ich finde es sehr spannend, wie die Autoren- und die Bücherlandschaft sich durch das Netz und das eBook verändern. Aber so märchenhafte Erfolgsstorys wie Amanda Hocking oder E.L. James können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die wirtschaftliche Situation für junge Autorinnen und Autoren unverändert schwierig ist. Als Newcomer einen Printverlag zu finden war noch nie so schwer wie heute, weil viele Verlage ihre Programme verkleinern. Die Selbstvermarktung im Netz bietet natürlich neue Chancen, aber in einem so großen Meer mit so vielen Fischen darin wahrgenommen zu werden, ist bestimmt nicht einfach. Andererseits: Schreiben war immer schon ziemlich brotlos. Wenn man damit anfängt, kann man unmöglich wissen, ob es einen jemals ernähren wird, und die Chancen sind eher gering. Darum ist Schreiben etwas, das man eigentlich nur aus Leidenschaft machen kann. Wenn man sehr hart arbeitet und sehr viel Glück hat, kann man möglicherweise eines Tages davon leben. Wenn nicht, muss man sich einen anderen Job suchen, aber es bleibt immer noch die Schreib-Leidenschaft. So war das schon bei den Minnesängern, und so ist es auch im digitalen Zeitalter (lacht)


Sie sind einer der Kollegen, die konsequent das Internet für sich nutzen. Sie betreiben eine gut sortierte Webseite und sind bei Facebook mit einer Fanseite vertreten.  Welchen Fehler sollten Kollegen Ihrer Meinung nach bei der Kommunikation mit ihren Lesern im Internet unbedingt vermeiden?

Kollegen-Bashing und andere Indiskretionen, die einem irgendwann mal um die Ohren fliegen könnten. Junge KollegInnen der Digital Natives-Generation wissen das ja bestimmt viel besser als ich, aber ich habe manchmal das Gefühl, man kann nicht oft genug darauf hinweisen: Das Netz hat ein ewig währendes Gedächtnis. Also ganz egal, wie kuschelig sich der Umgang mit treuen Lesern auf Facebook oder sonst wo irgendwann anfühlt, ein gesundes Maß an Zurückhaltung ist immer angebracht.

Wie sehen Sie den E-Book Markt als Verlagsautor? Ist da finanziell bisher wirklich etwas für Sie „zu holen gewesen“? Oder ist das aktuell immer noch eher ein Nebengeschäft für Sie?

Es ist ein Nebengeschäft, das in den letzten Monaten aber angezogen ist. Ich glaube, wir erleben gerade, wie der Schneeball ins Rollen gerät, der jetzt ziemlich schnell größer und größer werden wird.

Es existiert in der gesamten Buchbranche ja eine Debatte darüber, wie schädlich es für den Markt sei, wenn bei den großen Plattformen wie Amazon.de die Charts immer mehr von Titeln zu 99 Cent bzw. 2,99 Euro dominiert werden. Wie stehen Sie dazu? Ist es bald an der Zeit da irgendwie eine Reißleine zu ziehen?

Die würde ich gerne mal sehen, diese Reißleine (lacht) Natürlich sind eBooks zu Schleuderpreisen ein Problem. Raubkopierte kostenlose eBooks sind erst recht ein Problem, und am anderen Ende des Spektrums haben wir das Problem, dass eBooks aktueller Print-Bestseller viel zu teuer sind. Aber Regulative sind nicht die richtige Lösung, glaube ich. Auf dem eBook-Markt herrscht derzeit Goldgräberstimmung, und im Moment bin ich erst mal dafür, abzuwarten und locker zu bleiben und zu sehen, wohin dieser Markt sich entwickelt. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis (hab ich in der Banklehre gelernt (lacht), und wenn die Schleuderpreise für eBooks sich dauerhaft etablieren, müssen wir uns etwas einfallen lassen. Die Vorstellung von Werbebannern auf der Titelseite meiner eBooks macht mich nicht gerade glücklich, aber es gibt schlimmere Zukunftsszenarien.

Stichwort Urheberrechtsdebatte. Da wird verbal zunehmend schärfer geschossen. Haben Sie in dieser Sache schon eine Petition unterzeichnet? Und falls ja – welche und weshalb? Oder halten Sie Ihren Namen von solchen Dokumenten grundsätzlich lieber fern?

Ich habe im Mai 2012 die „Wir sind die Urheber“-Petition unterschrieben, weil sie sich mit meiner Ansicht zu diesem Thema deckte. Ich habe mir auch Sven Regeners Wutrede zwei- oder dreimal angehört, weil sie mir so aus der Seele sprach. Inzwischen glaube ich aber, dass wir die Debatte mit weniger Emotionen führen und beide Seiten mal aus ihren Schützengräben kommen müssen. Der Schutz des geistigen Eigentums ist eine große Errungenschaft der Zivilisation, die wir nicht leichtfertig in die Tonne treten sollten. Und das Urheberrecht ist Grundlage meiner wirtschaftlichen Existenz. Es bringt ja nichts, immer wieder zu behaupten, nur die bösen Verwerter-Konzernriesen profitierten davon, das ist ja unwahr. Aber es bringt auch nichts, diejenigen zu kriminalisieren, die ohne jedes Unrechtsbewusstsein gegen das Urheberrecht verstoßen und sich kostenlose Musik, eBooks oder Hörbücher herunterladen. Das Urheberrecht wird sich einfach ändern müssen, um nicht aus der Zeit zu fallen. Es muss den Bedürfnissen der Urheber ebenso Rechnung tragen wie den technischen Entwicklungen des digitalen Zeitalters. Ich habe offen gestanden keine klare Vorstellung, wie so ein neues Urheberrecht aussehen müsste, um einen fairen Interessenausgleich herzustellen. Aber ich bin ja auch Schriftstellerin und keine Juristin. Ich werde die Debatte weiter verfolgen und mich einmischen, aber eingraben werde ich mich nicht mehr.

Unter vielen Autoren herrscht die Ansicht, dass es gefährlich sein könnte seine Werke selbst als E-Books zu publizieren, da dies womöglich von den Verlagen als anrüchig betrachtet würde und daher einen Verlagsvertrag von vornherein ausschließt. Ist da Ihrer Meinung nach etwas dran?

Ja. Vielleicht nicht „anrüchig“ in dem Sinne wie Selbstverlag oder Zuschussverlage im Printbereich, aber durch diese neue Form der Selbstvermarktung ist ein Teil des Marktes schon abgeschöpft, und damit ist der Titel für einen Printverlag weniger attraktiv. Hat das selbstvermarktete eBook aber einen bescheidenen Erfolg erzielt und man bietet einem Verlag ein neues, unveröffentlichtes Buch an, sieht die Sache schon wieder anders aus, denke ich.

Würden Sie selbst sich in nächster Zeit mit einem Text als Selbstpubliziererin versuchen? Falls dem so ist, weshalb?

Nein, momentan nicht. Ich fände es zwar spannend zu sehen, wie sich solch ein Experiment entwickeln würde, aber ich habe einfach keine Zeit, meine eigene Verlegerin zu sein. Ich will ja eigentlich nur Bücher schreiben ...

Viele Experten sehen mittelfristig die Zukunft des stationären Buchhandels in einem düsteren Licht. Sie ebenfalls?

Ja, so wehmütig mich das auch stimmt. Aber wir erleben ja jetzt schon, dass selbst große Buchhandelsketten ihre Verkaufsflächen verkleinern. Also nicht nur der kleine Buchladen um die Ecke tut sich zunehmend schwer. Ich glaube allerdings nicht, dass das große Buchhandlungs-Sterben so schnell um sich greifen wird, wie manche befürchten. Die Leserinnen und Leser, die, sagen wir mal, jetzt so um die Vierzig und älter sind (also die Bevölkerungsmehrheit), werden dem gedruckten Buch noch lange die Treue halten, und für viele gehört das Stöbern in der Buchhandlung dazu.

Sie sind ja als Spezialistin für’s Mittelalter bekannt, das ist die Ära in der die Mehrzahl Ihrer Romane angesiedelt ist. Gemeinhin gilt das Mittelalter ja als düster, brutal und borniert. Ich weiß, dass Sie selbst diese Ansichten gerne etwas relativeren möchten. Dennoch – oder vielleicht gerade deswegen - hier die Frage: Worin besteht Ihrer Meinung nach, die augenfälligste Parallele zwischen dem 21 Jahrhundert und dem Mittelalter?

In der Macht des Geldes. Mitte des 14. Jahrhunderts musste ein englischer König seine Königin als Pfand bei seinen Gläubigern in den reichen Niederlanden zurücklassen und seine Krone bei einem Erzbischof gegen Bares verpfänden, weil er sich um jeden Preis neues Geld beschaffen musste. Ein Krieg (den er schon aus rein wirtschaftlichen Interessen begonnen hatte) hatte ihn völlig ruiniert, und ohne neues Kapital konnte er ihn nicht fortführen und wäre politisch am Ende gewesen. In der Folge gewann sein Bankier immer größeren Einfluss auf seine Politik, so wie das berühmte Handels- und Bankhaus der Fugger mit seinem Geld jahrhundertelang die deutschen Kaiser lenkte und beherrschte. Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?

Was wirft Sie bei der Arbeit an einem neuen Roman eigentlich garantiert „aus der Bahn“? 

Ich arbeite zwei Jahre an einem Roman. In so einer langen Zeit passieren einfach Dinge, die einen von der Arbeit ablenken: Der Rummel rund um das Erscheinen des zuletzt fertiggestellten Buchs (für den Rummel bin ich allerdings dankbar), andere wichtige Projekte wie etwa die Zusammenarbeit mit meinen Übersetzern oder auch größere und kleinere Katastrophe im privaten Umfeld. Das nennt man das Leben, glaube ich, und damit muss schließlich jeder klar kommen. Künstler haben kein Grundrecht darauf, im Elfenbeinturm zu sitzen und davon verschont zu werden.

Was ist das absolute „No-Go“ für Autoren im Umgang mit ihren Lesern?

Schluderige Arbeit. Nicht jedes Buch gelingt gleich gut, nicht jedes Buch kann allen Lesern gefallen, aber sie sollten sich darauf verlassen können, dass der Autor oder die Autorin ihr Bestmögliches getan haben.

Und ganz zum Schluss: Welche Frage wollten Sie schon immer einmal von einem Journalisten gestellt bekommen; und weshalb gerade diese?

Keine. Mein Sendungsbewusstsein – falls ich denn überhaupt eines habe – hat in meinen Romanen reichlich Platz, sich Ausdruck zu verschaffen.



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