„Geld macht nicht korrupt - kein Geld schon eher“
Dieter Hildebrandt, Satiriker / Kabarettist
Worum geht es in „Der Preis“?
Lenin Albert
Nolde ist Gründer und Chef eines aufstrebenden Sicherheitsunternehmens in Paris.
Eigentlich hat er es geschafft: Sein Laden brummt und er verdient eine
Menge Geld.
Doch was wichtiger ist: Nolde mag seinen Job.
Daneben mag er
sonst nicht viel anderes.
Er hat weder eine
Frau noch eine Geliebte, und der Sportwagen, den er sich vor Jahren mal
zulegte, setzt in einer Garage Staub an.
Aber irgendetwas
zehrt an ihm. Da ist eine Rechnung, die unbezahlt blieb und ihm zunehmend
Gewissenbisse bereitet.
Diese Rechnung hängt auf mysteriöse Weise mit dem Fall der attraktiven
Versicherungsangestellten Milena Fanu (ausgesprochen: Fanü) zusammen.
"Der Preis" bei Amazon.de
Schnitt / Zwei Jahre zuvor.
Milena Fanu hat
alles, was sie sich wünschen kann: sie ist intelligent, attraktiv, und hat eine
erstklassige Ausbildung genossen. Sie besitzt ein hübsches Appartement, einen
neuen Wagen und ihr Job als Mathematikerin bei einem Versicherungskonzern macht
ihr Freude.
Sie spendet regelmäßig für Greenpeace, Ärzte ohne Grenzen und Amnesty International.
Hin und wieder träumt sie davon demnächst ihrem Traumprinzen
über den Weg zu laufen, doch hat sie es so eilig damit nun auch wieder nicht.
Das alles ändert
sich, als Milena eines Nachmittags von zwei falschen Polizisten entführt
wird.
In einem
schalldicht gepolsterten Raum wird sie von zwei Frauen erwartet, die
Ganzkörperoveralls und Masken vor den Gesichtern tragen. Der Overall der einen
trägt die Ziffer Eins, der der anderen die Ziffer Zwei.
Nummer Eins und
Nummer Zwei fesseln Milena in eine seltsame Art Stuhl, der ein wenig an einen
Zahnarztstuhl erinnert.
Sie installieren eine Videokamera, die jede von Milenas Regungen in dem Folterstuhl aufzeichnet.
Dann unterzieht
man sie einem offenbar völlig sinnlosen Verhör.
Milena kann sich
absolut nicht erklären weshalb man sie entführt haben sollte. Denn weder besitzt sie ein nennenswertes Vermögen, noch verfügt sie irgendwelche brisanten Informationen.
Während man
Milena weiterhin einer Reihe raffinierter Torturen unterzieht, reift in ihr die
Überzeugung:
Ihre Entführer sind irgendwelche Terroristen und sie ist ein willkürlich gewähltes Opfer.
Ihre Entführer sind irgendwelche Terroristen und sie ist ein willkürlich gewähltes Opfer.
Sie wird ihre gepolsterte Zelle offenbar nicht mehr lebend verlassen.
Und Milans Folter wird von Minute zu
Minute brutaler und unbarmherziger...
Thriller ohne Killer
„Der Preis“ ist
ein Thriller der ohne Killer auskommt.
Der Spannungsfokus des Buches liegt eher
auf der Psychologie seiner Helden, als darauf mit möglichst vielen, möglichst
bizarr angerichteten Leichen Grauen zu erregen.
Nicht die Frage
danach, wer nun der Mörder war steht im Mittelpunkt dieses Thrillers, sondern
die Fragen:
Wer hat Milena entführt? Waren es tatsächlich Terroristen? War sie wirklich ein willkürlich ausgewähltes Opfer?
Weshalb wurde sie entführt?
Und woher rühren Noldes zunehmend intensivere Gewissensbisse im
Fall Milena Fanu.
Worum geht es in „Der Preis“ außerdem?
Um Gehirnwäsche und so genannte „Weiße Folter“.
Seit es Polizeiorganisationen und Geheimdienste gibt, wird in
deren Auftrag daran geforscht einen möglichst narrensicheren Weg zu finden, wie
man Verdächtigen entweder ein Geständnis entlockt oder ihnen ganz und gar den
eigenen Willen zu brechen. Schon die Hexenjäger der Heiligen Inquisition
verfassten geheime Traktate darüber, wie es gelingen könnte, Ketzer, Hexen und
Hexer auch ganz ohne körperliche Folterungen dazu zu bringen ihre „Missetaten“
ein zu gestehen.
Besonders hervorgetan in dieser dunklen Kunst der
psychologischen Folter haben sich französische Armeeangehörige, die während des
Algerienkrieges damit beauftragt waren die algerische Befreiungsbewegung FLN zu
zerschlagen.
Die Ironie der Geschichte wollte es, das einige der Offiziere
und Agenten, die in Oran und Algier damit befasst waren FLN-Angehörige zu
verhören, kaum zehn Jahre zuvor als Resistance Kämpfer selbst in den Folterkellern der Gestapo und des SD gelitten hatten.
Als sich der Aufstand der algerischen Befreiungsbewegung immer
weiter ausdehnte und es in rascher Folge überall im Land zu Guerillaangriffen
und verheerenden Bombenanschlägen kam, verlor man im Hauptquartier der
französischen Armee auch die letzten Skrupel und gab Befehl mit äußerster Härte
gegen gefangene Guerillas oder Bombenleger vorzugehen.
Man gab den Befehl zur Folter von Gefangenen.
Man gab den Befehl zur Folter von Gefangenen.
Eine Durchsuchung französischer Soldaten während des Algerienkrieges.
Quelle: Arte.TV
So kam es, dass innerhalb von wenigen Jahren die französische
Armee, die bis dahin umfassendsten Studien und Feldversuche über moderne Folter und Foltermethoden
betrieb.
Nach dem Ende des Algerienkrieges wurden Französische
Verhörspezialisten von der CIA eingeladen um in den USA Offiziere und Geheimagenten in
Verhörtechniken zu schulen.
Diese geschulten Agenten und Offiziere fanden sich dann in Lateinamerika
wieder, wo sie den Militärangehörigen faschistischer Juntas Nachhilfeunterricht in Punkto verschärfte
Verhörtechniken erteilten, wie man dies damals nannte.
Nur wenig verfeinert finden jene Techniken auch heute noch ihre
Anwendungen. Auch und vor allem im „Krieg gegen den Terror“ der USA.
Aber auch Israel, China, dem Iran und anderen Ländern wirft man vor, regelmäßig Folterungen an Gefangenen durchzuführen.
Aber auch Israel, China, dem Iran und anderen Ländern wirft man vor, regelmäßig Folterungen an Gefangenen durchzuführen.
Lynndie England, Soldatin der US Armee, stationiert im Gefängnis Abu Ghuraib, der man Folterungen an männlichen Gefangenen vorwirft
Heute unterscheidet man draußen „im Feld“ auch gar nicht mehr
zwischen körperlicher Folter - Stichwort: Waterboarding - und „Weißer Folter“,
das heißt Psychotortur.
Was dort zur Anwendung kommt ist offenbar eine von Spezialisten abgestimmte Mischung aus beiden Formen des verschärften Verhörs.
Was dort zur Anwendung kommt ist offenbar eine von Spezialisten abgestimmte Mischung aus beiden Formen des verschärften Verhörs.
In „Der Preis“ interessierte mich jedoch einzig die „Weiße
Folter“. Ganz speziell ging ich während der Recherchen zu dem Buch der Frage
nach, mit welchen Methoden man den Willen eines Menschen brechen könnte und
zwar gerade nicht um ihm kurzfristig einige Informationen zu entlocken, sondern
eine Person langfristig - womöglich für den Rest ihres Lebens - zu „brechen“.
Ich habe dabei viele neue Erkenntnisse gewonnen.
Zwei dieser Erkenntnisse haben mich jedoch ziemlich überrascht bzw. schockiert.
Überrascht war ich davon, wie unkompliziert es war an
einschlägige Informationen zu gelangen. Wohlgemerkt: Ich rede hier nicht von
den Ergüssen, die irgendwelche Verschwörungsspinner auf ihren Webseiten
verbreiten, sondern von harten wissenschaftlich untermauerten Fakten.
Regelrecht schockiert hat mich jedoch wie weit verbreitet –
offenbar auch außerhalb von Armee und Geheimdiensten – die Verwendung von
„Weißer Folter“ heute zu sein scheint.
Zum Abschluss meiner Recherche zu „Der Preis“ erhielt ich eine
Mail, in der ich aufgefordert wurde, die Veröffentlichung des Buches noch mal
zu überdenken. Anlass war ein Fachgutachten, dass ich über bestimmte
Geschehnisse in „Der Preis“ habe anfertigen lassen.
Hier ein Zitat:
Ich bin
sicher, dass die fragliche Sequenz, die
Du in „Der Preis“ beschreibst, auch in der Realität das im Roman gestaltete Ergebnis erbringen würde.
Das bereitet mir
ehrlich gesagt Sorgen.
Es ist bestimmt
angebracht, dass man sich als Autor vergewissert, ob die Bombe, die man irgendeinen
Übeltäter zusammen basteln lässt, auch wirklich hoch gehen würde.
Aber dann ist
man doch auch verpflichtet die Anleitung zum Bombenbasteln eben nicht so in den
Buchtext einzubauen, dass jeder Terrorist, dem dieses Buch zufällig in die
Hände fällt, diese Bombe auch nachbauen könnte.
Die Psychotortur,
die Du in „Der Preis“ beschreibst, könnte, wie erwähnt, auch in der Realität zu dem Ergebnis
führen, das Du ihr in Deinem Buch zuordnest.
Weil es aber schon ausreichend
Fanatiker auf der Welt gibt, die Bomben bauen, solltest Du nicht noch dazu
beitragen, dass auch noch die Anzahl derjenigen steigt, die bald noch genauer
wissen, wie man seinen Mitmenschen
erfolgreich psychologisch foltert.
Was danach folgte, war eine Reihe von Vorschlägen, was ich in
der fraglichen Sequenz besser abzuändern hätte.
Ich habe nur wenige - kleinere - der vorgeschlagenen Änderungen
auch umgesetzt.
Ach - der Gutachter, aus dessen Gutachten ich hier zitiere, ist
Psychologe und Mitautor eines Handbuches für moderne Verhörtechniken, Zielgruppe:
Polizei und Militär.
„Der Preis“ ist ein Thriller.
Das heißt ein Roman, der vor allem Spannung erzeugen will und diese in einer möglichst überraschenden Pointe zum Ende auflöst.
Das heißt ein Roman, der vor allem Spannung erzeugen will und diese in einer möglichst überraschenden Pointe zum Ende auflöst.
Ob es mir wirklich gelungen ist die Spannung in „Der Preis“ von
der ersten bis zur letzten Seite zu halten, müssen die Leser entscheiden.
Doch will ich das Buch auch all jenen ans Herz legen, die sich
wie ich schon aus reiner Neugier mit den Abgründen menschlichen Verhaltens
beschäftigen.
Widmen möchte ich den Text jedoch all jenen, die – ob
irgendeines Verbrechens schuldig, oder nicht – am eigenen Leibe Folterungen
ertragen mussten.
In der Realität ist die Arbeit von Geheimagenten weit weniger aufregend und glamourös.
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