Angeblich hat die
BBC Sherlock Serie den Verkauf von britischen Teekannen weltweit angekurbelt. Das
Internet ist voll von Sherlock Fanart und Wallpapers und Millionen von
Zuschauern von Sydney bis Kinshasa und San Francisco bis Moskau fragen sich wie
Sherlock den Sturz vom Dach des Saint Bart’s Hospitals am Ende der 2.
Serienstaffel überlebt haben soll.
Ich frage mich
das – nebenbei bemerkt – auch.
Aber viel
wichtiger noch, frage ich mich was unter all den vorangegangenen Sherlock
Holmes Adaptionen gerade diese so unglaublich erfolgreich macht?
Der ganz große TV-Seriengemischtwarenladen der Welt ist schließlich übervoll von Krimis in allen
Formen und Stimmungen, da war – sollte man meinen – auch vor Sherlock für jeden
etwas Faszinierendes dabei.
Okay, Sherlock Holmes zählt zusammen vielleicht mit
Dracula und dem Jekyll & Hyde Thema zu den absoluten Evergreens unter den
Kunstfiguren. Daher war es von Anfang an keine so miese Wette ihn in einer
TV-Serie wieder zu beleben. Zumal von der BBC, dem TV- Lieferanten, der die
Ätherhoheit über Sherlocks Londoner Heimat hält.
Trotzdem hätten Autoren,
Produzenten und Schauspieler ihre Wette auf eine Neuinterpretation des
berühmtesten Detektivs der Welt immer noch locker verlieren können.
Dass sie
ihre Wette gewonnen haben, liegt meiner Auffassung nach an zwei Aspekten der
Show, auf die deren Autoren Steven Moffat
und Mark Gatiss wirklich stolz sein können.
Benedict Cumberbatch als Sherlock. Die Übersetzung des Spruchs: "Anderson, reden Sie nicht so laut. Sie verringern dadurch den IQ der gesamten Straße" |
Erstens, sie haben von der
ersten Aufblende des ersten Teils der ersten Staffel an auf eine
unterschwellige Ironie gesetzt, die sowohl Plots als auch Settings und Dialoge
bestimmt. (Zum Beispiel Sherlock vor einer 5-8 Millionen Pfund Villa in
Belgravia eine .45er abfeuern zu lassen um die Polizei herbeizurufen, enthält
ausgerechnet in London so viele ironische, soziologische und psychologische
Meta, Deta- und andere Über- und Unterebenen, dass ich gar nicht erst damit
beginnen will sie alle anzuführen.)
Sherlocks leicht exzentrische Art und Weise im Londoner Nobelviertel Belgravia die Polizei zu rufen .... |
Zweitens, haben
sie bei der Entwicklung der Serie nie aus den Augen verloren, dass die
wirkliche Herausforderung nicht in der Charakterisierung Sherlocks
besteht, sondern der Watsons.
Denn, Freunde,
ganz objektiv betrachtet bekommt Sherlock zwar all den Glamour und ein paar
exzellente Ein- bis Zweizeiler Dialog, aber das Publikum an einen
überintelligenten, in seinem Sozialverhalten deutlich gestörten und den meisten
seiner Kollegen grimmig beneideten Typen zu fesseln ist keine Herkulesaufgabe
für einen erfahrenen Drehbuchautor.
Martin Freeman der Darsteller Watsons in der BBC Serie Sherlock. "Wir können hier nicht kichern, das ist ein Tatort!" |
Watson ist jedoch ein Jedermann, der ganz
normale Typ links oder rechts von der Ecke, sympathisch sicherlich, aber auch
etwas blass und dennoch gerade deswegen der Katalysator durch den wir Sherlock
sehen und vor dessen Hintergrund Sherlocks Fähigkeiten und Exzentrik erst so
richtig glänzen können. Im überwiegenden Teil vorangegangener TV- und
Kinobearbeitungen des Sherlock Themas haben die Autoren Watson einfach ein
bisschen einfältig gestaltet, mutig zwar und aufrichtig und ein ganz
ordentlicher Schütze, aber eben auch kein Typ mit dem man voller Vorfreude und
Spannung sich auf ein Bierchen verabreden würde.
Moffat und Gatiss
gelingt es dennoch Watson, gerade weil er ein solcher Jedermann ist, zu einer
faszinierenden Figur zu machen. Sie haben Sherlock zwar die besten Sprüche und
die seltsameren Exzentriken zugeordnet,
aber Watson bekommt dafür die Szenen zugeordnet, die uns – dem ganz gewöhnlichen
TV-Publikum – das Grausen über den Rücken laufen lassen.
Wer erinnert sich
nicht an die Szene in der ersten Sherlock Staffel, als Watson diese ganz
normale Londoner Straße heruntergeht und plötzlich erkennt, dass jede der vielen
CCTV Kameras und sogar die Telefone in den Telefonzellen zu klingeln beginnen
und er plötzlich erkennt, dass all dies ihm gilt – und zwar nur ihm.
Creepy.
Strange.
Gruselig.
Aber eben auch visuell und konzeptionell eindrucksvoll.
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