Mittwoch, 24. August 2011

"ePubber"

Seit Amazon im April 2011 seine Kindle Offensive in Deutschland startete, und es dadurch auch unabhängigen Autoren wesentlich leichter machte ihre Werke als Ebooks auf Amazon zum Kauf anzubieten, wurden Indie Autoren und deren Arbeiten zu einem zunehmend beliebteren Thema in der Blogosphäre.
Dank eines Eintrags auf Evi T's  Indiebookblog wurde Herr Gray auf einen Blogpost von Maximilian Buckstern aufmerksam, im wahren Leben Verlagsangestellter und wie Herr Gray auch als Selbstveröffentlicher von Ebooks unterwegs.
Herr Buckstern stellte in diesem Blogpost einige Thesen zur Diskussion, die durchaus einen gewissen Widerhall unter Kollegen und Medienexperten fanden. Herr Buckstern war bei weitem nicht der erste und einzige, der solche Thesen verbreitete und wird sicherlich auch längst nicht der letzte sein, der sie vertritt.
Dennoch will ich mich hier vor allem auf Max Bucksterns Blogpost beziehen, da er griffig formuliert ist und womöglich sogar exemplarisch ist für die Auffassungen und  Verunsicherungen einiger Kollegen in Bezug auf den Ebook-Markt und die zukünftige Entwicklung in der Verlagswelt.
Max beginnt seinen Blogpost gleich mit einem kleinen „Paukenschlag“ indem er feststellt, dass sich seiner Auffassung nach unter den Selbstpublizierern jede Menge eher halb professionelle Hobbyschriftsteller tummeln, die er leicht abwertend ganz gern als „ePubber“ bezeichnet haben will.  
Gleich darauf behauptet er zudem, dass Selbstpublizierer im deutschen Ebook-Markt meist schon aufgrund ihrer schlechten Covergestaltung herausstechen und so überdeutlich zwischen den Titeln der großen Verlage auszumachen seien.
Ich sage: Da ist zuweilen durchaus etwas dran.
Auch ich kann in vielen Fällen nicht nachvollziehen, weshalb manch ein Kollege, der womöglich Monate oder gar Jahre an einem Text gearbeitet hat, der Meinung zu sein scheint ausgerechnet am Buchcover sparen zu müssen, das doch noch vor dem eigentlichen Text, das erste Element seines Ebooks darstellt, mit dem der potenzielle Leser konfrontiert wird.
Es gibt aber genügend Fotografen, Kunststudenten und sogar professionelle Designer, die sich bestimmt nicht über einen Auftrag zur Covergestaltung eines Ebooks ärgern würden. Ich selbst habe mir für meine eigenen Ebook-Cover auch professionellen Beistand geholt und könnte nicht sagen, dass ich diese Entscheidung zu bereuen gehabt hätte. Im Gegenteil.
Kann ich aber in irgendeiner Weise etwas daran finden, dass sich unter den Selbstpublizierern auf Amazon und anderswo vermeintlich eine ganze Menge Semi- Profis befinden?
Ganz bestimmt nicht.
Woher auch?
Max ist eigener Aussage zufolge immerhin selbst ein solcher, da er sich ja ganz offen dazu bekennt, dass er sich als hauptberuflicher Verlagsangestellter zu “Testzwecken“ auch mit eigenen Titeln in der schönen neuen Ebook-Welt tummele. Und auch Paul Auster, Ernest Hemingway und sogar Dan Brown, John Grisham und J. K. Rowling hatten ganz gewöhnliche Jobs, bevor sie das Schreiben zu einer Vollzeitbeschäftigung machten. Waren sie bis zu dem Tag, als sie im Print erschienen daher nur Semi-Profis, Hobby Schreiber gar? Vielleicht. Aber: wen sollte das davon abhalten ihre Bücher zu lesen?  
Doch so richtig in die Vollen geht Max, indem er behauptet, dass es an der Zeit sei die Euphorie im Zusammenhang mit dem Selbstpublizieren auf Amazon und ähnlichen Plattformen zu relativieren, da der Digitalbuchmarkt in Deutschland noch viel zu klein sei, um offenbar mehr als nur einige wenige Cents mit seinem Ebook zu machen. Max geht sogar soweit zu behaupten, dass nur „ein paar“ verkaufte Exemplare bei Amazon ausreichten, um es zu einem guten „Sales Ranking“ zu bringen. 
Leider kann ich von hier aus nicht exakt genug bestimmen, was genau Max unter „ein paar verkauften Exemplaren“ versteht. In den umsatzstärksten Belletristikgenres Krimi und Historischer Roman, aber auch im Erotikgenre, genügen  nur "ein paar"  verkaufte Ebook-Exemplare jedenfalls nicht um es  zu einem beachtlichen Listenplatz innerhalb von Amazons Rankinglisten zu bringen.
Max hätte diese Tatsache exakter recherchieren können. Allein schon eine Mail mit einer dementsprechenden Anfrage an irgendeinen der verschiedenen Indie-Autoren, die sich einen Platz in den Top Twenty bei Amazon erobert haben, hätte ihn vor diesem Irrtum bewahren können.
Wenn Max dann weiterhin behauptet, dass solche vermeintlich geringen Verkaufszahlen, nicht dazu angetan sein können, den Geldbeutel des jeweiligen Selbstpublizierers zu füllen, entspricht auch das nicht ganz den Tatsachen. Was schon ein Blick auf die Bedingungen von Amazons 70% Sales Programm beweist, welches es dem selbstpublizierenden Autor nämlich erlaubt, auch bei relativ niedrigen Ebookpreisen, angemessene Überschüsse einzufahren.
Auch diese Tatsache hätte Max sicher ebenso mühelos zu recherchieren vermocht, wie die wahre Zahl der zu verkaufenden Exemplare, die notwendig sind, um es zu einem beachtlichen Listenplatz auf Amazons Ebook-Rangliste zu bringen.
Aber selbst diese beiden Thesen kann Max im weiteren Verlauf seines Blogposts recht locker übertrumpfen.
Er behauptet nämlich, und ich zitiere: „… Freizeit-Schriftsteller, die jetzt ausschließlich auf ePubbing (und einen Händler wie Amazon) setzten, machen aus meiner Sicht große Gedankenfehler. Wer gute Inhalte produziert, sollte alle Veröffentlichungswege in Betracht ziehen und versuchen zu nutzen. Das überfordert ePubber ganz erheblich! Auch die Qualität bleibt auf der Strecke. Ärgerlich wäre es zudem wenn ePubber (vielleicht aus Enttäuschung über Ablehnungen) jetzt Front gegen die Verlage machen. So werden Chancen verschenkt die Leser zu erreichen.“
Dazu ist zu sagen: Als ich das letzte Mal meinen Literaturagenten zu sprechen versuchte, liess der sich nicht etwa verleugnen, sondern nahm auch tatsächlich den Hörer ab, um sich mit mir - dem Selbstpublizierer - auf einen Schwatz über den Verkauf von Print-Rechten bestimmter Texte aus meiner Feder einzulassen. Und ich kann hier auch beim besten Willen nicht behaupten, dass ich mich als durchschnittlich gebildeter Mitteleuropäer in irgendeiner Weise davon überfordert gefühlt hätte, jenes Telefonat in Angriff genommen und dann auch zielstrebig zu Ende geführt zu haben.
Mein Buch „Wolfswechsel“ ist sowohl auf Amazon als auch Beam zu haben, und wäre zudem auch im iTunes Store verfügbar, könnte Smashwords mir garantieren, dass es dort zum gleichen Preis gelistet wird, wie bei Amazon.
Überfordert von der vermeintlich so unübersichtlichen Welt der verschiedenen Veröffentlichungswege?
Bislang eher nicht. 
Zumal man nicht vergessen darf, dass Amazon allein um die 60 Prozent des Ebook-Marktes in Deutschland abdeckt und daher durchaus der Vertriebspartner ist, auf den man zu setzen hat, will man es im Geschäft mit Ebooks derzeit zu etwas bringen.
Um seinen Blogpost, den er ja mit einen gelinden „Knalleffekt“ begann auch mit einem solchen ausklingen zu lassen, behauptet Max zum Ende noch, und ich zitiere erneut: „Autoren, die bereits gute Inhalte produziert haben, sollten unbedingt alle Veröffentlichungswege in Betracht ziehen und nutzen. Falls der "eigene" Verlag bei eBook-Veröffentlichungen nicht mitzieht oder wenn die Honorare nicht stimmen, empfehle ich einen Verlagswechsel. Besser ein anderer Verlag als kein Verlag!.“
Diese Empfehlung in allen Ehren, doch kann zumindest Herr Gray eben noch einen weiteren Weg für alle Kollegen empfehlen, die sich womöglich enttäuscht über ihren Verlag zeigen mögen: Selbstpublizieren als Indie Ebook-Autor.
Auch da gibt es, wie allgemein im Verlagsgeschäft, keine Erfolgsgarantien. Aber, wie die Erfolge von Andreas Stetter, Emily Bold, Rainer Innreiter und einem halben Dutzend weiterer Kollegen beweisen, ist es als Selbstpublizierer auch nicht absolut unmöglich sich durchzusetzen und dabei zu einigen wohl verdienten Euros zu kommen.
Zumal ich hier ein weiteres Argument zu bedenken geben will. Es stammt von dem Medienprofi Holger Ehling und ich zitiere auch hier wieder wörtlich: „Es wird für Selbstverleger weiterhin schwierig bleiben ihre Bücher im stationären Buchhandel anbieten zu können. Diesen Nachteil kann allerdings das Netz mit seinen Verkaufsplattformen mittelfristig durchaus wettmachen. Und: Im Netz konkurriert Tante Berta mit ihrem Ratgeber "Richtig stricken" hierarchisch ebenbürtig mit dem Ratgeber zum gleichen Thema aus Verlag xyz. Falls der Verlag seine Qualitätssicherungsfunktion nicht eindeutig unter Beweis stellen kann, gibt es für den Kunden keinen Grund, nicht zum Ratgeber von Tante Berta zu greifen.
Ein letztes Argument: Ich räume gerne ein, dass derzeit die Verkaufszahlen für deutschsprachige Ebooks keinen Anlass dazu geben die Verlage zum Auslaufmodell zu erklären. Aber für Autoren wie mich, die vom Schreiben leben, ordentliches Handwerk liefern und von den Verlagen dafür immer unordentlicher honoriert werden, möchte das Liebäugeln mit dem Selbermachen doch gestattet sein.“
Holgers Ausführungen sprechen, denke ich, für sich.
Nur eines möchte ich hier noch kurz erwähnt wissen:
Maximilian Buckstern hat in seiner Eigenschaft als Selbstpublizierer bei epubli – einer BoD Tochter der Holtzbrinck Gruppe – ein Buch mit dem Titel „Bücher gratis für iPhone, Kindle und Co“ veröffentlicht.
Laut der kurzen Inhaltsangabe zu diesem Titel, die man dazu mühelos im Internet findet, nennt sich das letzte Kapitel darin: „eBooks selbst ohne Verlag veröffentlichen
Ob Max darin wohl seine Erfahrungen als „ePubber“ verwertet hat?
Wer weiß, liebe Leser.

1 Kommentar:

  1. Lieber David, du sprichst mir aus dem Herzen. "Epubber" hin oder her, unsere Verkaufserfolge sprechen eine deutliche Sprache: Leser geben uns Indie-Autoren eine Chance, wenn Cover und Inhalt passen; ihnen allein bleibt es überlassen, ob und was sie lesen wollen - und zu welchem Preis. Das Kaufverhalten der Leser wird von vermeintlichen "Indie-Experten" wohl auch teilweise falsch eingeschätzt. Man sollte auch bedenken, dass nicht jeder Autor, der einen Verlag hat, auch gekauft wird bzw, erfolgreich ist. Wieso sollte es den Indies anders gehen? Wie kann man erwarten, dass hier nur Bestsellerautoren an den Start gehen - deswegen sollte jeder seine Chance nutzen dürfen, der Käufer entscheidet dann selbst, wer bleibt und wer scheitert ...

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